Albertina Klosterneuburg: Skulptur, übers Eck der Malerei gespielt

Kultur

Die schönste Antwort auf die Frage „Was ist Skulptur?“ wird dem US-amerikanischen Maler Ad Reinhardt zugeschrieben (die Quellenangaben differieren): „Skulptur“, sagte dieser, „ist das, worüber man stolpert, wenn man zurücktritt, um ein Gemälde zu betrachten.“

Die Einsicht könnte in der Albertina-Dependance in Klosterneuburg gereift sein, die mit heute, Donnerstag, wieder für Publikum geöffnet ist. Dafür, dass das Motto der bis 16. November laufenden Sammlungsausstellung „De Sculptura“ (Gelehrtensprache für „Über Skulptur“) lautet, ist hier nämlich ganz schön viel Malerei zu sehen.

Im Obergeschoß begrüßt ein Sonderraum der – derzeit auch in Salzburg stark präsenten – Malerin Martha Jungwirth, die weiteren Wände sind mit Werken des Malers Albert Oehlen (der Jungwirth einst hier „entdeckte“) und Aquarellen von Herbert Brandl gesäumt. Maria Lassnig, Eva Beresin, Cecily Brown, Alexandre Diop sind weitere Fokus-Künstler der von Albertina-Modern-Chefin Angela Stief kuratierten Schau – alle primär für zweidimensionale Werke bekannt.

Die Malereilastigkeit wurzelt ebenso in der Geschichte der Sammlung wie in der Architektur des Hauses: Insbesondere die großen Oberlichtsäle waren stets für Malerei konzipiert, durch den Verschluss zahlreicher Fenster im Zuge der Renovierung ist noch zusätzlich viel Hängefläche entstanden.

eSeL Lorenz SeidlerKünstlerräume

Die Präsentation ist in der Folge keine kanonische Erzählung über das, was Skulptur heute ist – dazu fehlt, von Minimalismus und Postminimalismus über Land-Art und Performancekunst – einfach zu viel, das in der Albertina nie wirklich eine Rolle spielte.

Allerdings entwickelt das Spiel über die Bande, bei dem Stief einige Lieblingskünstler aus dem Sammlungsbestand in interessante Beziehungen zueinander bringt, einen eigenen Reiz – und erzählt auch viel über die Umwege, die von der Malerei und Zeichnung in die Raumkunst und wieder zurück führen.

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Die spät entdeckte Malerin Eva Beresin etwa kann ihre rasch mit dem Pinsel entworfenen Figuren auch glaubhaft in Skulpturen übersetzen – und sie besteht in der direkten Konfrontation mit Maria Lassnig, die ihrerseits Meisterin darin war, mittels Malerei Volumen zu erzeugen (Lassnig schuf auch Bronzen, die nicht Teil der Schau sind.) 

Bruno Gironcoli, ein „echter“ Bildhauer, begegnet in der Schau wiederum als Maler und Zeichner, die Paarung mit den massiven Objekten von Toni Schmale wurde bereits in einer Schau der Albertina Modern (2024) erprobt.

eSeL Lorenz Seidler

Gelungen ist auch das Gespann der bühnenbildartigen Gemälde und Marionetten von Markus Schinwald mit den Skulpturen von Erwin Wurm, das den starken Theater-Aspekt in der zeitgenössischen Skulptur hervorkehrt. Die Gegenüberstellung eines mit Videoscreens gespickten Klaviers von Nam June Paik mit einem klingenden Materialarrangement von Dieter Roth und einen aus Draht geflochtenen Piano von Fritz Panzer bringt den Skulpturbegriff in Kontakt mit Musik: Es sind ausbaufähige Ideen, aus denen möglicherweise noch künftige Albertina-Ausstellungen keimen könnten.

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Source:: Kurier.at – Kultur

      

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