Die Starsopranistin singt an der Staatsoper erstmals die Elisabetta in Giuseppe Verdis „Don Carlo“. Sie spricht über ihren inneren Zwang und ihren Umzug nach Wien.
Sie ist eine der größten Sopranistinnen unserer Tage – und eine Vielarbeiterin: Rolle für Rolle erarbeitet sich Asmik Grigorian, und zwar die komplexen, schwierigen.
Nun steht die litauische Sängerin mit armenischen Wurzeln an der Wiener Staatsoper erstmals als Elisabetta in Verdis „Don Carlo“ auf der Bühne. Regisseur Kirill Serebrennikow versetzt das Drama am spanischen Hof in eine Kostümwerkstatt von heute. Philippe Jordan steht am Pult.
KURIER: Mit der Elisabetta haben Sie nun schon wieder ein Debüt einer großen Rolle, davon gab es bei Ihnen zuletzt sehr viele. Wie bewältigen Sie das eigentlich?
Asmik Grigorian: Ich weiß es nicht! Ich mache und mache und mache, und manchmal halte ich inne und denke: Wie hab ich das eigentlich geschafft? Ich habe das Gefühl, dass ich an einer Grenze in meinem Leben angekommen bin, oder besser: Ich habe 20 Jahre lang einen Garten gepflanzt, der nun viele Früchte trägt. Aber anstatt diese zu ernten, pflanze ich immer weiter. Es wird Zeit, mein Leben neu zu planen, da es für mich schwierig wurde.
Inwiefern?
Es ist so viel! Ich beginne, ein bisschen das Interesse zu verlieren an den Dingen, die ich tue. Das ist ein Signal, dass man etwas ändern muss! Denn ich möchte immer 100 Prozent von mir geben, dem Publikum, mir selbst und der Kunst. Ich fühle immer noch die Freude an den Dingen, die ich tue. Aber ich unterwerfe mich selbst einem Zwang, und ich muss einiges ändern.
Aber geht das im Opernbusiness? Berühmtheit in diesem Genre ist doch ein forderndes Geschäft.
Ich hatte dazu immer eine andere, eigene Beziehung. Ich habe nie etwas gemacht, um berühmt zu bleiben, im Gespräch zu bleiben. Und trotzdem habe ich alles in dieser Branche erreicht, was ich erreichen wollte. Aber es braucht Raum für Kreativität. Wenn Sie eine Sache nach der anderen tun, wird dieser Raum eng, dann verliert sich die Kreativität.
Sie sind bekannt dafür, sich lange vorzubereiten, etwa monatelang auf die „Salome“ mit Franz Welser-Möst.
Diese Zeit habe ich nicht mehr – ich singe schon im Jänner die nächste, die „Norma“, eine der schwierigsten Rollen für Sopranistinnen. Ich kann nicht einfach sitzen und mich vorbereiten – ich habe zwölf Millionen Dinge dazwischen zu tun. Ich wünschte, ich hätte mehr Zeit.
WIENER STAATSOPER/FROL PODLESNYI
Aber mit der Elisabetta haben Sie schon eine lange Geschichte.
Ja, diese Musik kenne ich, seit ich ein Kind bin, vielleicht sogar länger (lacht), denn schon meine Eltern haben dies gesungen.
Elisabetta ist ja im „Don Carlo“ nicht gerade in einer angenehmen Situation – verheiratet mit einem älteren Mann, begehrt von dessen Sohn. Sie wird oft als eine Leidende interpretiert, ist sie das?
Kein Komponist, kein Autor würde etwas schreiben, das nur von einer leidenden Person handelt. Da muss es mehr geben als ein weibliches Opfer.
Auch, weil die Story ja ins Heute versetzt wird?
Wenn wir in einer zeitgenössischen Produktion sind, versuche ich nie, einfach die klassische Figur zu spielen, weil es nicht funktioniert. Elisabetta musste aus politischen Gründen den …read more
Source:: Kurier.at – Kultur