
Der US-Musiker Bonnie Prince Billy erklärt, warum er sich auf seinem neuen Album mit Massenschießereien beschäftigt.
Ein 6/8-Takt zum Mitschunkeln, eine fröhliche Melodie und tanzende Bläser: „Guns Are For Cowards“ ist einer der Schlüsselsongs des Albums „The Purple Bird“, das Alternative-Country- und Indie-Folk-Star Bonnie Prince Billy gerade veröffentlicht hat. Er entpuppt sich schnell als Trojanisches Pferd. Im genauso unbeschwert klingenden Refrain wird Leuten in den Kopf, in den Rücken und in die Beine geschossen.
„Damit lege ich meine Hörer wirklich rein“, gibt der als Will Oldham geborene Amerikaner im KURIER-Gespräch zu. „Aber es ist schwer, einen Protestsong zu schreiben, bei dem die Leute nicht gleich abschalten und denken, ich weiß, worauf das hinausläuft. Wenn man diese Themen aber mit Humor präsentiert, sind die Chancen, dass die Hörer differenzierter darüber nachdenken, wesentlich größer.“ Das Thema sind Massenschießereien in den USA, bei denen 2024 über 700 Menschen getötet wurden.
Speziell, dass es so häufig in Schulen passiert, erschüttert Bonnie Prince Billy: „Es sind in vielen Fällen Kinder, die sowohl die Opfer als auch die Mörder sind“, sagt er. „Meine Tochter ist fünf Jahre alt, und natürlich macht mir diese Entwicklung Angst. Zwar werden die meisten Kinder so etwas nicht erleben müssen, aber sie machen jetzt in den Schulen all diese Übungen, mit denen sie die Kinder auf eine mögliche Schießerei vorbereiten. Da müssen sich die Schüler unter ihren Tischen verstecken oder lernen, wo die Fluchtwege und die Notausgänge sind. Was das mit der Psyche unserer Kinder macht, macht mir mehr Angst als ein möglicher Ernstfall. Denn dadurch lehren wir eine ganze Generation, andere Menschen als potenziell gewalttätige Angreifer zu sehen. Diese abstrakte Angst vor anderen, dass Misstrauen und die Unsicherheit, die dadurch entstehen, sind eine starke Kraft, gegen die man später nur schwer ankommen kann, die für die Gesellschaft aber zerstörerisch sein kann.“
Handgemachte Sounds
Aufgenommen hat Bonnie Prince Billy „The Purple Bird“ mit seinem Freund, dem Produzenten David „Ferg“ Ferguson in dessen Haus in Nashville und Musikern, die Ferguson zu Sessions lud. „Manchmal sind wir mit unseren Instrumenten auch rund um den Küchentisch gesessen. Und ich dachte: Was ist das für ein Privileg, dass ich mit diesen talentierten Leuten Musik machen kann.“
Diese Liebe zu handgemachten Sounds und spontaner Kreativität ist „The Purple Bird“ anzuhören. Billy und seine Mitstreiter schaffen damit eine intime Atmosphäre, die die entspannte Entstehung reflektiert – auch wenn sie melancholische und düstere Gedanken transportiert. Wie zum Beispiel bei „Turned To Dust“, in dem Billy darauf eingeht, dass das Leben eigentlich sinnlos ist, weil wir ohnehin irgendwann zu Staub zerfallen. „Früher schlief ich oft in Motels, wo in jedem Nachttisch eine Bibel lag“, erklärt Billy. „Ich habe darin gelesen und Stellen gesucht, mit denen ich etwas anfangen konnte. Das passierte aber erst, als ich auf das Buch von Ekklesiastes stieß, in dem es um Vergänglichkeit geht. Für mich ist der Gedanke, dass wir zu Staub zerfallen, aber auch aufbauend. Alles, was wir tun, hat im Angesicht des Todes einerseits eine gewisse Sinnlosigkeit. Andererseits macht die Produktivität unseres Tuns und das Zusammensein mit anderen das …read more
Source:: Kurier.at – Kultur