
„Das ist kein Gott, das ist Godzilla!“ Carlos Santana hat gerade 10.000 Zuschauern in der Wiener Stadthalle erzählt, wie man ihm als Kind einreden wollte, dass Gott ihn als Sünder sieht, und diesen Gott mit dem Film-Monster verglichen. Er wollte aber schon damals lieber glauben, dass Gott stolz auf ihn ist, erzählt Santana weiter, dass Gott ihn als wertvoll und einmalig sieht: „Denn Gott ist Liebe. Gebt euch selbst Wertschätzung, ihr seid wertvoll, ihr seid wundervoll!“
Damit startet der Gitarrist, dessen Stern beim legendären Woodstock-Festival aufging, „Samba Pa Ti“, seinen vielleicht größten Hit. Und das obwohl noch nicht einmal die Hälfte des Konzertes vorbei ist und Santana seit Beginn nur Hits gespielt hat. Begonnen hat er mit einem Video von afrikanischen Tribal-Dance-Gruppen, das überging in jene berühmte Szene aus dem „Woodstock“-Film, bei dem die Fans nach einem Regenguss zu fiebriger Percussion im Matsch um die Wette rutschen. Die Band nahm die Rhythmen aus dem Video auf, Santana kam dazu und startet mit dem berühmten wuchtigen Riff von „Soul Sacrifice“. Der erste Gänsehaut-Moment.
David Bitzan / Barracudamusic
Ein hochenergetischer Start, dem „Jin-go-lo-ba“, „Oye Como Va“, „Black Magic Woman“ und „Maria Maria“ folgten. Was kann da noch kommen, fragt man sich nach „Samba Pa Ti“ unweigerlich. Kann Santana die Stimmung ohne Hits bis zum Schluss halten?
Ja, er kann. Denn es waren auch bis jetzt bei weitem nicht nur diese weltbekannten Melodien, die begeistert haben. Es sind auch die unwiderstehlichen Latin-Rhythmen und die rohe, beseelte Energie, die von der Bühne kommt. Santana selbst sitzt meist auf einem Barhocker, steht nur gelegentlich auf, spielt häufig ausgiebige Soli. Vielleicht fließen ihm dabei nicht mehr alle Töne so geschmeidig und mühelos aus den Fingern wie noch vor zehn Jahren. Aber allein den sofort wiedererkennbaren Sound seiner Gitarre live und improvisiert zu hören, macht großen Spaß.
David Bitzan / Barracudamusic
Dazu kommt die versierte Band mit der hervorragenden Drummerin und Santana-Ehefrau Cindy Blackman-Santana. Unterstützt wird sie von zwei Perkussionisten, die fast immer im Einsatz sind und die lebenslustigen, bewegenden Rhythmen nur gelegentlich abreißen lassen. Die Rhythmen kommen im zweiten Teil nicht mehr nur aus Lateinamerika. Mit Hilfe der beiden Sänger, von denen Ray Greene auch Posaune spielt, und dem ebenfalls einmal minutenlang solierenden Bassisten, wirft die Santana-Band jetzt auch Rock, Soul und Funk-Elemente in den Mix. Und Keyboarder David Mathews spielt ein Solo, das an Filmmusik erinnert – nach einem fast klassisch anmutenden Klavierpart.
David Bitzan / Barracudamusic
Obwohl man geglaubt hat, Santana habe schon im ersten Teil sein ganzes Hit-Pulver verschossen, gibt es auch jetzt immer noch viele Melodien, die man kennt. „She’s Not There“ ist genauso ein Höhepunkt wie „Put Your Lights On“. Letzteres selbstverständlich mit entsprechender Handy-Licht-Begleitung vom Publikum – laut Sänger Andy Vargas, „der besten, die wir seit Jahren hatten“.
Und dann ist da ja noch „Smooth“, jener Hit, den Santana mit Matchbox-Twenty-Sänger Rob Thomas für das Album „Supernatural“ aufgenommen hat. Es ist ein würdiger Abschluss eines Konzertes, bei dem vielleicht das eine oder andere Solo zu lange war, das aber auch gezeigt hat, wie einnehmend die Kraft von Improvisation und …read more
Source:: Kurier.at – Kultur