
Am Linzer Musiktheater erlebt man Richard Wagners „Der fliegende Holländer“ szenisch und musikalisch mehr als überzeugend.
Von Helmut Christian Mayer
Düster und öd ist die Küstenlandschaft, in der Ferne blinkt ein Leuchtturm. Düster und bedrohlich sind auch die Meeresstimmungen. Es fehlt jegliche Seefahrerromantik. Ein Mädchen in gelber Öljacke, es ist die junge Senta, muss erleben, wie tote Seeleute offenbar nach einem Schiffsunglück hereingetragen werden. Einen vor ihren Augen sterbenden Seemann fotografiert sie, sein Blick brennt sich in ihre Erinnerung ein, und lässt ihre Liebe zu diesen Unbekannten entstehen, in dem sie später den Holländer erkennt: Diese Vorgeschichte hat sich der Intendant des Linzer Musiktheaters Hermann Schneider bei seiner detailreichen Inszenierung schon bei der Ouvertüre von Richard Wagner „Der fliegende Holländer“ erdacht, der wie heute üblich pausenlos gespielt wird.
Fernsehbingo
Auch die Ideen, die Geschichte im Heute mit entsprechenden Kostümen zu zeigen, Erik zum Dorfpolizisten zu machen, die Frauen im Dorf nicht mehr spinnen, sondern in der Kneipe bei Zigaretten und Flaschenbier Fernsehbingo spielen zu lassen sowie dass Senta am Ende des Abends nicht den Suizid wählt, erweisen sich durchaus als plausibel und stringent. Dieter Richter gestaltete eine eindrucksvolle, realistische Kulisse mit Dalands kleinem Schiff und der Seitenwand eines roten, riesigen Container-Schiffs des Holländers. Eine heutige Hafen-Kneipe auf der Drehbühne ist ein weiterer Schauplatz.
Voluminöse Töne
Im Finale treffen einander zwei Sentas wieder und betrachten gemeinsam sitzend und essend das Meer: Ein atmosphärisch berührender Schluss. Beeindruckend ist auch die musikalische Umsetzung mit großer Textverständlichkeit des Ensembles: Aris Agiris verströmt als Titelheld enorme düstere Bühnenpräsenz, überzeugt mit großraumfüllender Stimme. Dorothea Herbert, eingesprungen für die erkrankte Erica Eloff singt die Senta mit feinster Differenzierungs- und Modellierungskunst. Mit facettenreichen, voluminösen Tönen erlebt man Michael Wagner als Daland. Mit hellem Tenor hört man den Erik des Matjaz Stopinsek. Fabelhaft singt Jonathan Hartzendorf den Steuerman. Manuela Leonhartsberger ist eine gute Mary, Kellnerin im Hafenwirtshaus, stimmgewaltig und homogen der Chor und Extrachor des Linzer Landestheaters. Markus Poschner hat mit dem Bruckner Orchester Linz sorgfältig gearbeitet. Neben aufpeitschenden Wellen eines Sturmes weiß er expressive Spannung, Emotion, Dynamik aber auch Lyrismen voll auszureizen und bleibt dabei immer sängerfreundlich.
Source:: Kurier.at – Kultur