
Für Daniel Kehlmann könnte es schlechtere Nachrichten geben. Kürzlich hat der US-Moderator Stephen Colbert bekanntgegeben, dass er in seinem Buchclub als nächstes „Lichtspiel“ behandeln will. Der fiktiv-biografische Roman über den Filmregisseur G.W. Pabst heißt in der englischen Übersetzung „The Director“ und wird nun wohl einige Male mehr über US-Ladentische gehen. Denn den ganzen Juli lang bekommt Kehlmann reichweitenstarke Gratiswerbung im TV und auch auf Instagram. Stephen Colbert hat den Buchclub seiner Late-Show erst im Juni gestartet. Davor hatte schon sein Spätabendunterhaltungskollege Jimmy Fallon einen solchen Schritt gewagt.
Sie springen auf einen Trend auf, der so jung gar nicht ist. Der aber in Zeiten, in denen in den USA Bücher aus Bibliotheken verbannt werden, wieder eine besondere Bedeutung bekommt. Die große Vorreiterin der Fernseh-Buchclubs ist Oprah Winfrey. Schon 1996 wollte die Talkshow-Moderatorin ihr Publikum zum (gemeinsamen) Lesen animieren.
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So freut sich Oprah Winfrey, Vorreiterin der öffentlichkeitswirksamen Buchclubs, wenn sie ein gutes Buch gelesen hat.
Einflussreich
Was als nettes, kleines Element ihrer Sendung begann, sollte sich zu einem enorm einflussreichen Instrument entwickeln. Bücher, die erwähnt wurden, vervielfachten ihren Absatz spontan. Als der Buchclub 2011 sein letztes Kapitel abschloss, erschienen in den US-Zeitungen Nachrufe, die ihm bescheinigten, die Verlagswelt nachhaltig verändert zu haben. Bernhard Schlink, dessen Roman „Der Vorleser“ durch die Erwähnung bei Oprah zum internationalen Bestseller wurde, wird das wahrscheinlich unterschreiben. Winfrey hat das Format übrigens wiederbelebt und bespricht nun auf YouTube Neuerscheinungen.
Ein bisschen in Winfreys Fußstapfen ist Schauspielerin Reese Witherspoon getreten. Sie hat bei ihrer Leseliste aber eine entscheidende Einschränkung: Es muss sich immer um eine Frau handeln, die im Fokus der empfohlenen Geschichten steht. Der Mangel an solchen Erzählungen hat sie nämlich in Hollywood schon lange gestört. Ein Roman, der nach Witherspoons Fingerzeig in lichte Verkaufshöhen geschnalzt ist, ist beispielsweise „Der Gesang der Flusskrebse“ von Delia Owens. Nicht nur der wurde dann auch verfilmt, auch die Serien „Big Little Lies“ oder „Yellowface“ basieren auf Witherspoons Lektüretipps. Manchmal hat sie da freilich auch mit ihrer Produktionsfirma die Finger im Spiel.
Parker, Johnson, Portman
Kollegin Sarah Jessica Parker ist ebenfalls als Bücherwurm mit Faible für junge, ungewöhnliche Stimmen bekannt. Sie ist aber bereits von der bloßen Tippgeberin zur Verlegerin avanciert. Beim Indie-Verlag Zando präsentiert sie eine eigene Reihe von Entdeckungen (auf Deutsch etwa erhältlich „Der Stich der Biene“ von Paul Murray).
Dakota Johnson, bekannt nicht nur als Tochter von Melanie Griffith und Don Johnson, sondern auch aus „50 Shades Of Grey“, sucht sich Gleichgesinnte zum Gemeinsam-Lesen. Sie nimmt sich sogar die Zeit, Anspielungen und sprachliche Nuancen zu diskutieren.
Natalie Portman hat nicht umsonst ein Studium in Harvard abgeschlossen. In ihrem Buchclub geht es ein bisschen intellektueller zu, hier wird sogar Lyrik empfohlen (etwa vom US-iranischen Dichter Kaveh Akbar).
Die britisch-albanische Popsängerin Dua Lipa macht im Hauptberuf knackige Tanzmusik. Ihre große Leidenschaft gilt aber der Literatur. Ihr „Service95 Book Club“ listet politisch brisante Bücher wie aktuell das Migrationsdrama „Small Boat“ von Vincent Delecroix oder Patrick Radden Keefes „Sage nichts“ über den Nordirlandkonflikt genauso auf wie Ratschläge zu „6 dünne Bücher, wenn du nur die Aufmerksamkeitsspanne für …read more
Source:: Kurier.at – Kultur