
Wolfgang Schüssel hat kürzlich seinen 80. Geburtstag gefeiert – er ist fast so alt wie die Zweite Republik, bemerkt er gerne – und zu diesem Anlass hat er ein Buch geschrieben, welches sich als eine Art politisches Vermächtnis lesen lässt. Eines, das ohne großes Pathos auskommt, flott und eingängig geschrieben, man meint beim Lesen, Schüssel selbst reden zu hören.
„Mit Zuversicht“ heißt das Ganze, und damit ist auch schon den Grundton angeschlagen, der das Buch durchzieht und sowohl für den homo politicus wie vermutlich auch den Privatmann Wolfgang Schüssel bestimmend war bzw. ist.
Wenn man Konservativen gerne einen Hang zum Kulturpessimismus unterstellt, so trifft dies auf Schüssel definitiv nicht zu. Weder glaubt er, dass früher alles besser war, noch fürchtet er, dass wir den gewiss außerordentlichen Herausforderungen der Zukunft nicht gewachsen sein könnten. „Nicht Rückschau ist gefragt, sondern das Vertrauen auf das Wissen der vielen, die Innovationen von morgen, die Erfahrungen von gestern, das Lernen aus Fehlern, die Hoffnungen und Sehnsüchte der Jungen, die Offenheit für das Kommende“, schreibt er etwa.
Mit einer gerade in unserer Empörungsgesellschaft wohltuenden Unaufgeregtheit, luzider Klarheit und auf der Basis jahrzehntelanger politischer Erfahrung lässt der Autor die Zeitläufte Revue passieren und nimmt Stellung zu den Fragen der Gegenwart.
Man muss nicht alle Einschätzungen teilen – etwa Schüssels ungebrochene Bewunderung für Angela Merkel. Sein „Bravo und danke, Angela!“ werden vermutlich gerade viele von Schüssels Anhängern und (ehemaligen) Wählern nicht unterschreiben wollen.
Eheglück
Auch Persönliches kommt vor: Seine Schulzeit am Schottengymnasium etwa, wo er nach der Matura mit einem Pater, dem späteren Abt Heinrich, zu einem der Pioniere der Jugendarbeit des Stiftes wurde; oder das Kapitel „Eheglück“, in dem er dankbar auf seine 55 Jahre währende Ehe mit seiner Frau Gigi blickt.
Und ja, Schüssel bekennt sich auch klar zu den christlichen Wurzeln Europas, an dessen Integration ihm so viel gelegen ist. So schreibt er, der Benediktinerzögling, über Benedikt von Nursia (480–547): „Ohne den heiligen Benedikt, den Schutzpatron Europas, wäre die europäische Landkarte grauer, eintöniger, langweiliger und vor allem eindimensionaler.“
Ecowing
Wolfgang Schüssel: „Mit Zuversicht“, Ecowing, 312 Seiten, 28 Euro
Source:: Kurier.at – Kultur