
Wiener Staatsoper zeigt wieder die bei der Premiere umstrittene Verdi-Produktion.
Über Kirill Serebrennikovs Inszenierung von Verdis „Don Carlo“ wurde seit der Premiere im September nur geschimpft. Am Ende hisste Dirigent Philippe Jordan sogar die weiße Fahne. Quasi als Friedensangebot an das wütende Publikum.
Die zweite Aufführungsserie zeigt, das Konzept hätte Potenzial. Serebrennikovs Ansatz, die Kälte des spanischen Hofs gegen das nüchterne Grau eines Instituts für Kostümkunde auszutauschen, ist nachvollziehbar. Die Delegierten aus Flandern sind bei ihm Aktivisten der Letzten Generation. Das Autodafé ist durch Projektionen von Waldbränden und Bildern, die von der Überproduktion der Fast-Fashion-Industrie berichten, ersetzt. Die Figuren selbst sind doppelt dargestellt. Als Modells, die in prunkvoll hergestellte historische Kostüme eingekleidet und wieder ausgezogen werden. Die Sänger sind die Angestellten dieses Instituts. Das könnte funktionieren. Aber dafür braucht man herausragende Sängerpersönlichkeiten.
Bei der Premiere war das Asmik Grigorian als Elisabeth, in dieser Serie ist es Elina Garanča als Eboli. Sie hat die nötige Bühnenpräsenz, um sich in diesem Setting durchzusetzen. Fulminant intoniert sie das „Schleierlied“ mit einem leichten Touch Carmen. Ihr „O don fatale“ reißt mit, öffnet das Tor in eine Kategorie, die man sich hier nur wünschen kann.
Wiener Staatsoper/Michael Pöhn
Joshua Guerrero verfügt über die Fähigkeit seinen Tenor in die Höhe zu schrauben, wenn er forciert. Étienne Dupuis ein solider Posa setzt auf Lässigkeit. Sein Duett mit Don Carlo wirkt gemütlich. Nicole Car fällt als Elisabeth vor allem durch ihr intensives Keifen auf, wenn sie von Philipp Gerechtigkeit fordert. Ihre große Arie „Tu che le vanità“ singt sie brav. Vitalij Kowaljow ist ein Großinquisitor, vor dem man sich nicht fürchten muss. Philippe Jordan versucht, mit dem Orchester auszugleichen, was vokal fehlt. Dass die Bläser schon besser geklungen haben, lag nicht an seinem Dirigat. Dennoch viel Applaus.
KURIER-Wertung: Drei Sterne
Source:: Kurier.at – Kultur