Wiener Aktionismus, wohnzimmertauglich: Ernst Kurt Weigel überlagert im Off-Theater Max Frisch mit Michael Haneke
„Biedermann und die Brandstifter“ von Max Frisch aus der Nachkriegszeit erlebt eine Renaissance: Kürzlich brachte die Josefstadt dieses „Lehrstück ohne Lehre“ (und damit eine Warnung) heraus, am Landestheater von St. Pölten wird es am 24. Jänner Premiere haben. Und seit Dienstag ist es im Wiener Off-Theater zu sehen – in einer Kombi. Das kommt vor, denn „Biedermann“ dauert, straight gespielt, eine Stunde. Ernst Kurt Weigel jedoch macht keine „Double Feature Show“, sondern „Mash-ups“: Er dreht Schweinernes und Kalb durch den Fleischwolf, fügt Gewürze hinzu – und serviert einen faschierten Braten. Für „Brandstifter“ wählte er den Film „Funny Games“ von Michael Haneke aus. Denn die Parallelen sind in der Tat verblüffend: Da wie dort dringen zwei Männer in Häuser ein, um Terror zu machen.
In „Funny.Brandstifter“ bleibt Frisch lange Zeit dominant – nicht nur aufgrund des Settings, einer gutbürgerlichen Idylle mit Stehlampen, Couch und Teppich: Weigel hält sich erstaunlich genau an die Vorlage. Nur die Namen hat er verändert. Und dann blitzen Zitate wie Brechungen aus dem Film durch. Statt einem Sohn gibt es eine Tochter, die als Hund gelesen werden möchte. Schließlich wittert er die Gefahr – und ist daher das erste Opfer. Die Täter (sie nennen sich u. a. Dirk und Christoph) sprechen normal, die Familie hingegen agiert – auf Dauer sehr manieriert – in Zeitlupe.
Biedermann wundert sich über die Ölkanister, die von den Brandstiftern herbeigeschafft werden; Weigel hingegen als Herr Biedermeier über die Plastikplanen, die Christian Kohldorfer und Sophie Resch (mit Joker-Grinsen) ausrollen. Er überreißt viel zu spät, dass es ordentlich spritzen wird. Rührend, wie sich das Bernhard Ensemble bemüht, beim „Drip Painting“ keine Sauerei zu machen. Die Performance dauert zu lang, aber der selbstkritische Schluss versöhnt.
Source:: Kurier.at – Kultur