Jonas Jonasson: „Verkaufen und die Welt retten“

Kultur

Der schwedische Bestsellerautorüber Erfolgsformeln, nie gelesene Bücher und die Frage, was man an Lesern niemals unter-, aber auch nicht überschätzen darf

Ein Buch mit einem umständlichen Titel machte ihn 2009 zu Schwedens populärstem Autor: „Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand“ wurde weltweit zwölf Millionen Mal verkauft.

Bevor Jonas Jonasson mit Mitte vierzig zum Bestsellerautor wurde, arbeitete er viele Jahre als Journalist und Medienberater. Und so gerät der Einstieg in unser Interview anlässlich seines neuen Romans gleich einmal zu einer allgemeinen Lagebesprechung über Tageszeitungen und das Medienbusiness an und für sich. Die Jonas Jonasson, wie man es auch aus seinen Büchern gewohnt ist, mit leisem Sarkasmus kommentiert.

KURIER: Fehlt Ihnen der Journalismus manchmal?

Jonas Jonasson: Ich war eigentlich immer schon Autor, seit ich ein Teenager war. Es sind dann eben andere Dinge dazwischen gekommen. Dreißig Jahre lang. Um auf Ihre Frage zurückzukommen: Nein, ich habe keine Sehnsucht nach dem Medienbusiness. Aber es interessiert mich noch immer. Ich habe unglaublich viel dort gelernt. Unter anderem, wie wichtig die Balance zwischen verkaufen und die Welt retten ist. Mein ehemaliger Chefredakteur bei der Zeitung Expressen sagte immer zu mir: Unterschätze nie die Intelligenz der Leser und überschätze nie ihr Wissen.

Das ist doch auch für einen Romanautor ein ganz nützlicher Rat.

Ja. Für das Leben allgemein übrigens auch. Stellen Sie sich vor, Sie müssen irgendwo ein Formular ausfüllen. Steuererklärung oder Ähnliches. In meiner Erfahrung ist es so: Wenn Sie das Formular nicht verstehen, liegt’s am Formular, nicht an Ihnen.

  "One Thousand And More Pictures": Einfach mal überraschen lassen

Auch das könnte für das Schreiben gelten. Ist das Ihre Erfolgsformel? So schreiben, dass die Leute es auch verstehen, ohne dabei auf einen bestimmten Anspruch zu verzichten?

Ja, das ist meine Wunschvorstellung. Lesbar zu sein, ohne dass es zu simpel wird.

Dazu kommt wohl auch die Maxime Ihres Ex-Chefs: verkaufen und die Welt retten. Will man ja als Buchautor eventuell auch.

In der Tat. Die Frage ist immer: Will man auf seinem Geld schlafen oder den Nobelpreis gewinnen?

Ihnen gelingt annähernd beides: Sie verkaufen enorm viel, die Kritik ist Ihnen meist gut gesonnen.

Ich habe noch die Ansprüche, die ich hatte, als mein erster Roman erschienen ist, gegenwärtig. Damals wollte ich die Leser an alle Fehler erinnern, die die Menschheit im 20. Jahrhundert begangen hat. In der naiven Hoffnung, dass man sie identifizieren und nie mehr begehen möge. Vierzehn Jahre später muss ich sagen: Ich habe zwölf Millionen Ausgaben von diesem Buch verkauft und die Welt ist in keiner Weise besser geworden. Ich bin also zum Schluss gekommen, dass die Rolle, die ich in der Welt spiele, recht überschaubar ist.

Würden Sie gerne weniger Bücher verkaufen und dafür den Literaturnobelpreis bekommen?

Nein. Ich schreibe tatsächlich, was und wie ich wirklich schreiben will. Wenn ich schlechte Kritiken bekommen, ärgere ich mich nur dann darüber, wenn ich erkenne, dass sie berechtigt sind. Ansonsten sind sie mir wirklich egal. Ich würde meine Ambitionen niemals darauf ausrichten, nobelpreiswürdig zu sein.

Verfolgen Sie die Entscheidungen der Schwedischen Akademie? Sind Sie mit deren Entscheidungen der vergangenen Jahre einverstanden?

  "Tom Sawyer“ in Graz: Wenn der Mississippi ein bisschen nach Gershwin klingt

Mit der heurigen auf jeden Fall! Ich hab sogar ein Buch von Jon Fosse …read more

Source:: Kurier.at – Kultur

      

(Visited 1 times, 1 visits today)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.