
„Ein künstlerischer Erfolg war’s schon“, sagte Christa Hauer-Fruhmann, als der ORF zu ihrem 70. Geburtstag ein Kamerateam zu einer Art Klassentreffen ihrer „Galerie im Griechenbeisl“ schickte. „Finanzieller Erfolg war’s keiner“, fügte sie hinzu.
1995, zum Zeitpunkt des Fernsehbeitrags, war die Galerie, die vielen Künstlerkarrieren – darunter Christian Ludwig Attersee, Hermann Painitz, Martha Jungwirth – als Startrampe gedient hatte, schon wieder Geschichte. Hauer war als Feministin und Aktivistin aber eine wichtige Netzwerkerin geblieben. Die Unermüdliche starb 2013, große Teile ihrer Sammlung hatte sie zuvor den Niederösterreichischen Landessammlungen überantwortet (das „Galerie im Griechenbeisl“-Archiv ging ans Belvedere).
Zeitkapsel
Nun, zu ihrem 100. Geburtstag, ist daraus eine hervorragende Ausstellung in der Landesgalerie Niederösterreich in Krems entstanden. Es gelingt ihr, die Atmosphäre der österreichischen Kunstszene in den 1960er- und 70er-Jahren wie in einer Zeitkapsel einzufangen.
Walter Skokanitsch Fotografie
Die Schau zeigt dabei kein Best-of, das den Weitblick der Sammlerin für das Bleibende, kunsthistorisch Relevante unter Beweis stellt: Eine solche Geschichte erzählte zuletzt etwa das Pariser Musée d’Orsay über den Maler Gustave Caillebotte, der, eingebettet von Künstlerfreunden wie Monet, Degas und Renoir, eine der wichtigsten Impressionisten-Sammlungen zusammenstellte.
Die Landesgalerie folgte einer ähnlichen Spur 2019/’20, als sie den Wirt und „Selfmademan“ Franz Hauer (1867–1914) vorstellte, der um die Jahrhundertwende Hauptwerke von Schiele oder Kokoschka erwarb. Er war Christa Hauers Großvater.
Der Standort Griechenbeisl blieb in Familienbesitz – und Christa Hauer, selbst Malerin, stellte dort sich selbst, ihre Freunde und nicht zuletzt ihren Mann Johann Fruhmann (1928–1985) aus.
Der erste Teil der Kremser Schau folgt dem Programm der Galerie, die von 1960 bis 1971 existierte, chronologisch. So manche Namen – Oscar Wiggli, Paul Rotterdam oder der mit grafischer Notation arbeitende Komponist Anesthis Logothetis – werden nur wenige im Bewusstsein haben. Andere – wie Richard Kriesche, Jürgen Messensee oder Karl Prantl – blieben stärker im Betrieb präsent.
Ein Biotop
Wichtiger als die Frage nach künstlerischem Nachruhm ist aber das Gefühl für das Biotop, das die genannten Personen durch Hauer-Fruhmann vorfanden. Nach der Schließung der Galerie im Griechenbeisl war dessen Zentrum das nahe Krems gelegene Schloss Lengenfeld, das vom Künstlerpaar adaptiert wurde. Eine digitale 3D-Rekonstruktion lässt hier virtuell durch das Gehöft schreiten, ist verknüpft mit Ton- und Filmdokumenten und lässt eintauchen in die Sommerfeste und Tischgesellschaften: „Dort ist Theoretisieren über Kunst ebenso zuhause wie das Feiern von Kunst, aber auch die Kunst des Feierns“, wird der Kunsthistoriker und Sammler Dieter Bogner zitiert.
Archiv Hauer-Fruhmann
Hauer und Fruhmann engagierten sich in der Folgezeit für behutsame Ortsgestaltung und nahmen einige jener Debatten vorweg, die in Bewirtschaftung des ländlichen Raums noch heute höchst relevant erscheinen. Doch Hauer stand auch ganz vorne in einer Bewegung, die man heute „Feministische Avantgarde“ nennt.
Frauennetzwerk
Als die UNO 1975 das „Internationale Jahr der Frau“ ausrief, wurde in Wien kurzfristig eine „Frauenausstellung“ organisiert: 75 Künstlerinnen, ausgewählt von einer reinen Männerjury, sollten ausgerechnet im „Museum für Völkerkunde“ ausstellen – sodass „man vom Neandertaler bis zur malenden Frau alles beisammen hat“, wie die Künstlerin Martha Jungwirth ätzte. Sie war nicht die Einzige, die protestierte: Eine breite Front formierte sich, und Christa Hauer-Fruhmann fand sich bald in der Führungsriege der Gruppe „IntAkt“ …read more
Source:: Kurier.at – Kultur