
Schwechat kennt man eigentlich nur vom Vorbeifahren – am Weg zum Flughafen. Es gibt aber auch nur wenige Gründe, sich freiwillig in diese Gegend zwischen Start- und Landebahn sowie der größten Erdölraffinerie Österreichs zu bewegen – außer, man lebt natürlich dort.
Aber im Sommer ist vieles anders, und Schwechat durchaus ein Hotspot in Sachen Theater. Vor allem, wenn es um Nestroy geht. Denn mit Nestroy kennt man sich in Schwechat aus, der hat dort Tradition – seit 1973. Und damit es nicht langweilig wird, sucht man immer wieder nach neuen Herausforderungen, nach Nestroy-Stücken, die eigentlich niemand spielen will. Und damit wären wir bei „Die Zauberreise in die Ritterzeit“ angelangt.
Alles so langweilig hier
Für diese Posse aus dem Jahr 1832 verwandelt sich der wirklich ansehnliche Schlosshof der Rothmühle in einen mittelalterlichen Turnierplatz – rundherum sitzt das Publikum. Dieses Setting ist vor allem für die Schauspielerinnen und Schauspieler eine besondere herausfordernd, weil sie dadurch nicht nur nach vorne spielen müssen – sondern auch zur Seite und nach hinten.
Dem bunt zusammengewürfelten Ensemble gelingt diese Aufgabe dann auch ganz gut. Allen voran dem meist im Mittelpunkt stehenden Duo: Polycarp Sapprawalt (Manfred Stella) und sein Neffe Simplicius (Paul Graf), die das Leben in der Gegenwart nur noch langweilt. Geld macht auch nicht glücklich. Heute ist alles nur noch kompliziert. Früher war alles besser, weil heute darf Mann ja nichts mehr machen und schon gar nichts mehr sagen. Tja, ein Ritter müsste man sein …, denn damals sei das Leben noch einfach und aufregend gewesen. „Gegenwart“ (Bella Rössler) will sich das nicht mehr länger anhören und schickt die beiden in die Vergangenheit – zurück in Zeiten, wo acht Tage eine sehr lange Zeit waren, weil man schon in der nächsten Sekunde todkrank (u. a. Pest) oder von einem Schwert aufgespießt werden konnte. Älter als 40 wurde da kaum jemand. Und von Gleichberechtigung war keine Rede, wie Eulalie (Michelle Haydn), die verwöhnte Tochter von Polycarp, bei der Zeitreise in die Ritterzeit feststellen muss.
barbara palffy
Langweilen sich: Polycarp Sapprawalt (Manfred Stella) und sein Neffe Simplicius (Paul Graf)
Die Moral der Geschichte hat man nach wenigen Minuten kapiert, dazu braucht man kein Nestroy-Kenner sein, kein Programmheft kaufen: Nein, früher war nichts besser – nicht einmal das Wetter. Und das war am Tag der Premiere wahrlich nicht besonders, was dazu geführt hat, dass mit der Pause das bis dahin viel zu lange Stück verfrüht beendet wurde. Bis dahin sah man abseits einiger Längen einen durchaus ansprechenden und locker-leichten Theaterabend. Schwer waren an diesem Abend nur die Regentropfen, die vom Himmel fielen.
barbara palffy
Ritterlicher Alltag.
Ganz schön viel los
Christian Graf liefert eine kreative, ideenreiche und witzige Inszenierung eines schwierigen Stücks, das sicherlich nicht zu den besseren von Nestroy gehört. Dieses Problem versucht er mit mehr anstatt mit weniger zu kompensieren, was dazu führt, dass auf der Bühne oft (zu) viel los ist. Die gefühlt 30 Mitwirkenden sind ununterbrochen in Bewegung – mal kommen sie von links, dann von rechts oder stehen plötzlich hinter einem. Sie nennen sich das „Volk“, bringen dem adeligen Bürgertum den Wein, satteln die …read more
Source:: Kurier.at – Kultur