Johannes Bruckenberger bilanziert die Sommergespräche, spricht über FPÖ-Attacken, ÖVP-Kritik und SPÖ-Erregungen und warum Wikipedia keine gute Quelle ist.
Die ORF-„Sommergespräche“ sind mit sehr guten Quoten abgeschlossen, die TV-Duelle können kommen. Die von Susanne Schnabl („Report“) und Alexandra Maritza Wachter („ZiB“) moderierten Duelle starten am Donnerstag mit den Begegnungen Babler vs. Kogler (20.15 Uhr, Mod.: Schnabl) und Kickl – Meinl-Reisinger (21.05 Uhr, Mod.: Wachter). Für die ORF-Info und ihre neue Chefredaktion ist der Wahlkampf nicht nur eine journalistische Herausforderung. Dafür sorgt die stete Erregung in den Parteizentralen. Ein Gespräch mit Johannes Bruckenberger, der im Dezember von der Chefredaktion der Austria Presseagentur zum ORF gewechselt ist und erstmals die Wahlsendungen inklusive „Sommergespräche“ verantwortet hat.
KURIER: Die Berichterstattung über die ORF-„Sommergespräche“ wurde diesmal nicht von der Räumlichkeit dominiert wie im Vorjahr, sondern es waren die politischen Aussagen. Wie lautete Ihre Bilanz?
Johannes Bruckenberger: Das waren die großen und kritischen Interviews im Vorfeld der Nationalratswahlen. Das Original und die Mutter aller Sommer-Interview-Formate. Martin Thür hat das großartig gemacht. Das waren kritische Gespräche mit Erkenntnisgewinn über die verschiedenen Positionen der Parteien. Das war der Plan, und der ist aufgegangen. Den Bild-Hintergrund lieferte Österreich in Cinemascope. Aber wichtiger als die Form ist immer der Inhalt. Unser Publikum hat die „Sommergespräche“ jedenfalls sehr gut angenommen.
Einer der nicht so glücklich war, war offenkundig FPÖ-Obmann Herbert Kickl. Er maßregelte Martin Thür schon auf Sendung bei jeder kritischen Nachfrage und warf ihm „unsauberen Journalismus“ vor. Die FPÖ hat nun auch noch eine eigene Plattform für behauptete „Verfehlungen“ im ORF nachgeschoben.
Das ist der Versuch, eine unabhängige Redaktion zu desavouieren und unsere Glaubwürdigkeit zu attackieren. Man kennt solche Desinformationskampagnen gegen den unabhängigen Journalismus ja aus den USA. Faktisch stimmt da meist sehr wenig. Und es ist der Versuch, Einfluss auf die Berichterstattung zu nehmen. Besonders perfid wird es dann, wenn einzelne Journalistinnen und Journalisten namentlich angegriffen werden. Sachliche Kritik ist immer zulässig, wir pflegen intern selbst eine sehr ausgeprägte Fehler- und Diskussionskultur, persönliche Diffamierungen und Desinformation weisen wir mit Nachdruck zurück.
Ständig erhöhte Erregungskurve
Mit dem ORF ein paar billige Punkte im Wahlkampf abzustauben, versucht ja nicht nur die FPÖ.
Wir lassen uns sicher von niemandem in den Wahlkampf ziehen. Wir sind journalistische Beobachter im Sinne der Aufklärung unseres Publikums. Wir werden hier weiter unsere Arbeit machen, mit großer Professionalität und Gelassenheit.
Gelassenheit zu behalten ist allerdings eine Kunst, wenn man schaut, was mitunter auf den Social Media-Kanälen los ist. Da schicken offenbar Parteizentralen den digitalen Mob los.
Interventionen und Beeinflussungsversuche finden ja heute auf offener Bühne statt, sei es via Aussendung oder Pressekonferenzen einzelner Parteien oder durch Partei-Groupies, die in sozialen Netzwerken Druck auf Journalistinnen und Journalisten machen. Wir dürfen uns davon nicht beeindrucken lassen. Wir machen Journalismus ja nicht für die Politik, wir machen das für unser Publikum.
Man kann schon gespannt sein auf die Erregungskurve bei den anstehenden TV-„Duellen“. Die ORF-Info geht da ja direkt über von einem ins nächste Wahlkampfformat. Wo sehen Sie den Mehrwert? Die Duelle leiten mit Alexandra Maritza Wachter und Susanne Schnabl abwechselnd zwei …read more
Source:: Kurier.at – Kultur