
André Heller hob im Stadttheater Walfischgasse seine neue, bejubelte Revue aus der Taufe – u. a. mit Tini Kainrath
André Heller ist und bleibt einer der kreativsten Köche: Er schaut im Kühlschrank nach, was da ist, und zaubert daraus eine Köstlichkeit, ohne bei Bocuse oder Ottolenghi nachblättern zu müssen.
Zuletzt fand er etliche schmackhafte Zutaten, aus denen sich doch ein Grenadiermarsch oder zumindest eine Revue machen lassen sollte: Erinnerungen an Helmut Qualtinger, mit dem er vor einem halben Jahrhundert „Heurige und gestrige Lieder“ aufnahm; die wunderbaren Wesen des Urania Puppentheaters, das er 2019 übernahm; und ein Hauskonzert mit Ursula Strauss, Ernst Molden und mehreren Ninos, die das Wienerlied in die Gegenwart holen.
All das brauchte nur ein paar Heller-Zuckerln und die Hilfe von ein paar Freunden, darunter von Annette Beaufaÿs, deren Karriere 1976 mit dem „Circus Roncalli“ begann: Ihre fantasievollen Kostüme ergänzten Hellers Spektakel – wie „Flic Flac“, „Begnadete Körper“, „Feuertheater“ und „Magneten“ – geradezu kongenial. Und so kreierte sie für „Remassuri“ unter anderem Tini Kainraths grandioses Outfit als Fiakerin (mit SM-Touch).
Am Donnerstag erlebte die kurzweilige, nur 70 Minuten lange Show im Stadttheater Walfischgasse ihre Uraufführung. Sie soll eine Einführung ins Wienerlied und in die Schrammelmusik bieten, gedacht für all jene Touristen, die in Lissabon ein halbwegs authentisches Fado-Konzert genießen wollen und in Madrid einen erotisierenden Flamenco-Abend.
Man taucht also ein in eine Hellersche Wunderwelt: Die Wände des Stiegenhauses zur Kellerbühne, in der Gerhard Bronner 1959 sein „Neues Theater am Kärntnertor“ eröffnet hatte, sind geschmückt mit Abbildungen aus der Glanzzeit des Wienerlieds. Und das Programmbuch ist zweisprachig in Deutsch und Englisch.
Robert Rotifers Erklärtext „Von den Schrammeln, vom Dudeln und vom Schnofeln“ setzt aber hoch beim „Tanz“ und der Abgrenzung zur Tanzmusik an. Und wenn man schon ein Blatt mit den Künstlern des Abends beilegt, wäre auch die Playlist samt Liedtexten kein Fehler. Wer weiß denn, was ein „Taschenfeitl“ ist, mit dem Heller seine geliebhasste Heimatstadt vergleicht?
Eine Hommage
Aber „Remassuri“ ist ohnedies eher was für die Fans, die prüfen wollen, ob der Magier sie wieder in die Tasche stecken kann. Er kann. Denn Heller verbindet die einstigen Gassenhauer – von „Wien, Wien, nur Du allein“ bis zu „Denn unser Vater is’ a Hausherr“ durch recht vergnügliche Pantomime-Einlagen der Gruppe Mummenschanz und eingestreute Videos als Hommage unter anderem an Hans Moser und Paul Hörbiger. Logischerweise wird daher von Tini Kainrath, Maria Stippich und Marlene Janschütz auch „Es lebe der Zentralfriedhof“ von Wolfgang Ambros gesungen: „Der Moser singt ’s Fiakerlied und die Schrammeln spüln an Walzer …“
Mitunter schrammt die Show nahe am Kitsch. Die Neuen Wiener Concert Schrammeln, zum Quartett geschrumpft, müssen unentwegt gute Laune mimen. Aus der Konserve kommen die Musik des Werklmanns („Oh Du lieber Augustin“ samt schottischer Variante) und das Scherenschnitt-Schattenspiel. Der Cameo-Auftritt von Kasperl und Pezi aber begeistert, Moldens „Awarakadawara wo san meine Hawara“ gelingt fulminant.
Source:: Kurier.at – Kultur