St. Pölten: Musiker heizten ein – auf einer Freiluft-Herdplatte

Kultur

Trenklers Tratsch: In St. Pölten jubeln die Verantwortlichen über den Domplatz, doch die Kritik an der Gestaltung wird lauter

St. Pölten feierte am Wochenende um budgetierte 900.000 Euro den neu gepflasterten und teilbetonierten Domplatz als temporäre Event-Location „mit einem künstlerischen Feuerwerk der Extraklasse“, wie man auf der Website der „kunstsinnigen Stadt“ (Eigendefinition) lesen kann. Es hätte „ein aufsehenerregendes Programm“ gegeben: Vom herausragenden Tonkünstler-Orchester bis hin „zur Spitze der heimischen Charts sowie sakraler Musik mit Ensembles von Weltruf“ sei für „jeden Geschmack“ etwas dabei gewesen.

Am Freitag waren nach offiziellen Angaben 3.000 Menschen beim „beeindruckenden Crossover-Programm“ der Tonkünstler, am Samstag war der Platz „bis auf den letzten Platz gefüllt“ (mit 8.000 Menschen). Laut Ankündigung sollte Josh. „so richtig einheizen“ – und Local-Hero Lukascher „heizte“, so ist zu lesen, „mit sonnigen Vibes ein“. Am Sonntag schließlich folgte die Segnung des Platzes.

st.Pölten/Josef Bollwein

Samstagabend: Kein Platz mehr auf dem Platz

Die Stadt zog „eine ausgesprochen positive Bilanz“, denn „11.000 Menschen haben hier an zwei Tagen ein ausgelassenes Fest gefeiert.“ Das sakrale Programm zählt nicht. SPÖ-Bürgermeister Matthias Stadler meinte: „Der neue Domplatz konnte erstmals zeigen, was er kann.“ Und eine gewisse Johanna Mikl-Leitern (sic!) hätte sich bei der Eröffnung „begeistert“ gezeigt. Die Landeshauptfrau (ÖVP) hätte gemeint, dass der Domplatz ein „Ort der Begegnung und des Treffpunkts“ werden solle. Das war auch versprochen worden: Ihm komme nun „als Ort der Begegnung, des Dialogs und der Kultur“ eine neue Bestimmung zu – „als zentraler Treffpunkt für alle“.

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Das bezweifeln allerdings viele. Der Domplatz lädt definitiv nicht zum Verweilen ein. Man kann sich ja nirgendwo gemütlich hinsetzen, es gibt auch keine gastronomischen Angebote. Das Gratisblatt „Mein Bezirk“ zitierte Florian Krumpöck (ÖVP), dessen Team die Eröffnungsfeier bewusst ausgelassen hat: „Das Herzens-Projekt der SPÖ-Stadtregierung war zu keinem Zeitpunkt vom Geist der Zusammenarbeit getragen und herausgekommen ist eine Steinwüste, die keinen Mehrwert für die Innenstadt bietet.“ Und Christina Engel-Unterberger (Grüne) ergänzte, dass sich die Befürchtungen im Sommer bestätigt hätten: „Die riesige Betonfläche heizt sich auf und wird zur Freiluft-Herdplatte.“ Leider seien alle Anträge und Forderungen nach Begrünung und Beschattung „von der SPÖ ohne mit der Wimper zu zucken und ohne ernsthafte Diskussion abgelehnt“ worden.

Thomas Trenkler

Der Normalfall: gähnende Leere

Ihr Tratschpartner bekam nach seiner Kolumne über den „Platz des Todes“ – die NÖN zitierte mit Genuss – viel Zustimmung. Die größten Widerständler sind die Marktstandler. Eine Person, die um Anonymität bat (damit sie nicht vom Marktamt schikaniert werden kann), befürchtet eine eklatante Abwanderung. Diese gebe es auch anderswo, „allerdings tritt hier die Stadt selbst als Brandbeschleuniger auf“.

Der Pressesprecher des Rathauses beteuert, dass diverse Wünsche seitens der Bevölkerung wie etwa das Parken oder eine Begrünung nicht realisiert werden konnten – „weil sie entweder dem Nutzungskonzept, dem Denkmalschutz oder dem Entwicklungskonzept der Innenstadt widersprechen“. Das erlaubte Ausmaß an Bäumen (sechs!) sei gepflanzt worden, die Ausgestaltung des Platzes aber noch nicht abgeschlossen: „In den nächsten Wochen sollen wesentliche Elemente folgen.“ Die Umsetzung bedürfe „einer gewissen Vorlaufzeit“.

Das Projekt wurde 2010 in Angriff genommen.

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Source:: Kurier.at – Kultur

      

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