Sven Väth im Interview: „Ein Plattenspieler ist ein Instrument“

Kultur

Die deutsche Technolegende legt ein Buch vor, in dem er die vergangenen 40 Jahre als Musiker und DJ Revue passieren lässt. Ein Gespräch über die Clubkultur, Vinyl only, Drogen und der Ausgleich zur Party?

Der deutsche Musiker und DJ Sven Väth ist seit 40 Jahren mit schwerem Gepäck voller Vinyl unterwegs. Er beherrscht das Handwerk an den Plattenspielern wie kaum ein anderer – seine stundenlangen Sets sind weltweit gefragt. 

Nun veröffentlicht er mit dem Bildband „Sven Väth – 4 Decades Behind the Decks: A Journey of Music, Magic, and Euphoria“ seine Autobiografie. Es ist eine persönlich verfasste, mit unzähligen Erinnerungen und Bildern aus dem Privatarchiv gefütterte Zeitreise, die in den 80er-Jahren in der Frankfurter Diskothek „Dorian Gray“ beginnt, an die Strände von Ibiza und zu den Menschenmassen führt, die sich in Berlin der 90er-Jahre zur Love-Parade versammelten.

KURIER: Die Clubkultur hat sich seit ihren Anfängen in den Achtzigern verändert. Was ist besser, was schlechter geworden?

Sven Väth: Was positiv ist: Es gibt eine größere Offenheit für elektronische Musik. Techno ist weltweit etabliert, und Festivals wie auch Clubs sind professioneller geworden. Doch genau darin liegt auch eine Herausforderung. In den frühen Tagen war alles roh, unperfekt, voller Spontaneität. Heute ist vieles optimiert, durchgetaktet, digitalisiert. Das kann dem Spirit manchmal die Luft nehmen. Clubs brauchen Ecken und Kanten, Experimente und Mut, um lebendig zu bleiben.

Daniel Woeller

Sven Väth  (an den Turntables)  hat immer wieder zu Motto-Partys  in den Cocoon Club Frankfurt geladen. Im Jahr 2010 lautete das Motto: „Party Animals“.

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Die Clubkultur ist stark von Freiräumen abhängig. In Berlin, der Techno-Hauptstadt Europas werden diese einst vorhandenen Freiräume immer weniger. Clubs schließen. Was läuft falsch?

Berlin hat über Jahrzehnte davon gelebt, dass es Raum für Kreativität, für Chaos und Experimente bot. Diese Räume schwinden, weil Investoren kommen, Mieten steigen und Behörden immer neue Auflagen erfinden. Dabei sind Clubs kulturelle Orte, keine reinen Vergnügungsstätten. Es fehlt oft die politische Anerkennung, dass Clubkultur ein wichtiger Teil des urbanen Lebens ist, genauso wie Theater oder Museen.

Auf Ibiza und in Mailand werden Clubs von Großinvestoren übernommen. Warum?

Ibiza ist seit Jahren eine Spielwiese für Investoren, das ist nichts Neues. Die Insel hat sich stark verändert: Exklusive VIP-Kultur, hohe Eintrittspreise, große Marken statt kleiner Clubs mit Seele. In Mailand sieht man ein ähnliches Phänomen. Berlin hingegen hat ein anderes Problem: keine Investoren, sondern zu viele Auflagen, steigende Kosten und zu wenig politische Unterstützung für die Clubszene. Das führt dazu, dass viele kleine und unabhängige Locations schließen.

Sven Väth Archiv

Drogen gehörten und gehören zur Clubkultur dazu. Sie sprechen in Ihrem Buch offen darüber und erwähnen, dass Drogen wie Ecstasy seit Jahren immer stärker werden. Wie bewerten Sie die aktuelle Situation in Bezug auf den Drogenkonsum in Clubs?

Drogen sind ein Teil der Musik und Clubkultur, und das war schon immer so. Der große Unterschied zu früher ist die Potenz vieler Substanzen. Pillen sind heute um ein Vielfaches stärker als in den 90ern, was gefährlich werden kann gerade für Menschen, die ihre Grenzen nicht kennen. Das Thema müsste viel offener behandelt werden, mit Aufklärung, Drug-Checking und in sicheren Räumen. Verbote …read more

Source:: Kurier.at – Kultur

      

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