Tränen am Synthesizer: The Weeknd liefert Album-Blockbuster

Kultur

Mit „Hurry Up Tomorrow“ hat der Superstar neue Musik veröffentlicht. Die ist bombastisch – und bombastisch gut.

„Hurry Up Tomorrow“, das neue Album des kanadischen Superstars, beginnt träge, verwaschen und zu theatralisch. Die Synthesizer machen einen auf Kirchenorgel, der Sound wird dick aufgetragen und mit Hall- und Echo-Effekten aufgeblasen. Über dieser mächtigen Klangwolke schwebt der opernhafte Falsett von Abel Tesfaye alias The Weeknd. Das nervt. Das will man wegmachen. Aber da muss man durch. Denn was danach kommt, ist (sehr oft) Weltklasse. Man könnte es sich natürlich auch einfach machen – und vorspulen, bis zur Minute 1,46. Denn dann ist man bei jenem (magischen) Moment angelangt, in dem aus dem Nichts der Beat direkt ins Gebein fährt – und das Lied endlich sein Versprechen einlöst: „Wake Me Up“.

Danach mutiert es zum superlässigen Funk’n’Boogie-Track, der so klingt, als wäre Michael Jackson von den Toten auferstanden, um eine Fortsetzung von „Thriller“ aufzunehmen. Diesen Song hat sich The Weeknd von Justice auf den Leib schneidern lassen. Das sind jene zwei französischen Produzenten, die Mitte der Nullerjahre mit rockenden Synthesizern die Discos und Charts stürmten.

Großes Drama

Seit Anfang des aktuellen Jahrzehnts ist The Weeknd ein Superstar – mit allem, was dazugehört: Welthit („Blinding Lights“), Halbzeitshow beim Superbowl, Kollaborationen mit den größten Namen im Pop (Madonna, Beyoncé, Ariana Grande, Kendrick Lamar). Dazu eine Rolle in der Fernsehserie „The Idol“. Mit „Hurry Up Tomorrow“ beendet der 34-Jährige laut eigenen Aussagen seine Albumserie, eine Trilogie, die 2020 mit „After Hours“ begann. The Weeknd, seine extra dafür geschaffene Kunstfigur, soll danach nicht mehr existieren. Die finale Episode (ohne Happy End) erfolgt in Spielfilmlänge: 22 Songs mit 85 Minuten Spielzeit.

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Es ist ein Album-Blockbuster, einer, bei dem die Songs fast nahtlos ineinander verschmelzen – inklusive Intro und Outro. Die dabei entstehenden Längen dienen als Verschnaufpause. Einatmen. Ausatmen, So viel Emotion, so viel Drama verdaut man nicht so einfach. Es geht um Trennung, Selbstaufgabe, Flucht, die Suche nach etwas Liebe und ein bisschen Glück in diesem Leben. Kaum öffnet man sein Herz, wird man auch schon wieder enttäuscht: „It’s never easy / Falling in love again“, singt er in „Open Hearts“, während im Hintergrund die Bässe auf den Dancefloor ziehen.

Das düstere wie elegische Klangbild auf dem Album erinnert an den Synthiepop der Achtzigerjahre. Man hört die frühen New Order zu Zeiten von „Your Silent Face“, Depeche Mode und melancholische Balladen à la „Wonderful Life“ von Black und den Soundtrack zu „La Boum“.

Omnipräsent ist auch Giorgio Moroder, der Südtiroler Weltstar, dem Gründervater moderner Tanzmusik. Angetan haben es The Weekend bzw. seinen Produzenten vor allem seine Synthesizerstudien zu Filmen wie „Scarface“ (1983) und „Midnight Express“ (1979). Dem 84-Jährigen dankt man mit einer Beteiligung – er durfte sich bei „Big Sleep“ einbringen. Weitere Credits gehen an den Latin-Star Anitta („São Paulo“), Travis Scott, Florence + The Machine („Reflections Laughing“, Playboy Carti („Timeless“) und Lana Del Rey („The Abyss“). Der beste Song eines tollen Albums heißt übrigens „Take Me Back To LA“. 

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Source:: Kurier.at – Kultur

      

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