Trenklers Tratsch: Die Rosenkranz-Eisenmenger-Erregung

Kultur

ÖVP und SPÖ sahen jahrzehntelang keinen Grund, das Wandbild im Parlament zu kontextualisieren. Jetzt schreit man: „Haltet den Dieb!“

Kaum etwas liegt Ihrem Tratschpartner ferner, als den FPÖ-Nationalratspräsidenten zu verteidigen. Denn natürlich ist es ein bewusster Akt, wenn dieser sich und seine Gäste vor einem Wandbild von Rudolf Eisenmenger in Szene setzt. Doch was Ihren Tratschpartner mächtig ärgert, ist das zweierlei Maß, mit dem in dieser Causa gemessen wird.

Das Online-Magazin „tag eins“ hatte „Walter Rosenkranz repräsentiert Österreich mit dem Bild eines Nazis“ als Überschrift für seine Recherche gewählt. Das ist korrekt. Eisenmenger war sogar illegales NSDAP-Mitglied. Der „Standard“ ließ sich in der Folge zum tendenziösen Print-Titel „Rosenkranz provoziert mit Nazi-Kunst“ hinreißen. Das Bild „Wappenschild“ im Parlament stammt jedoch aus 1951. Da war das Dritte Reich längst untergegangen. Es gibt auch keine NS-Anspielungen: Zu sehen sind bloß die Wappen der Länder und des Bundes auf zumeist floralem Hintergrund.

Irreführend ist zudem die Behauptung von „tag eins“ im Vorspann, dass jenes Bild jahrelang verdeckt gewesen sei – und Rosenkranz mit der Tradition seiner Vorgänger gebrochen hätte. Denn im Text muss das Magazin eingestehen, dass es auf Fotos aus 2011 und 2017 sichtbar war. Erst wenn man die Jahreszahlen anklickt, erfährt man, dass sich Karlheinz Kopf (ÖVP) vor dem Bild mit Sternsingern ablichten ließ – und Fritz Neugebauer (SPÖ) mit dem armenischen Außenminister.

Durchaus interessant wäre die Recherche, wer einst Eisenmenger den Auftrag gab. So viele Parteien kommen ja nicht infrage. Es sollte auch die Frage erlaubt sein, warum ÖVP und SPÖ jahrzehntelang keinen Grund sahen, das Bild zu kontextualisieren. Jetzt „Haltet den Dieb!“ zu schreien, ist nur erbärmlich.

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Ihr Tratschpartner findet es beschämend, dass die SPÖ-dominierte Wiener Stadtregierung den für Adolf Hitler errichteten Balkon am Rathaus renovieren ließ. Und dass beim Denkmal für Karl Lueger weiterhin im Erklärtext (von Oliver Rathkolb) der Hinweis fehlt, dass Josef Müllner, der Schöpfer des Standbilds, ein Nazi war. Die Rechten wird’s freuen.

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Source:: Kurier.at – Kultur

      

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