Mit der Themenausstellung „In aller Freundschaft“ liefert das Dommuseum Wien Anstöße, darüber nachzudenken, was uns verbindet
Die zwei Burschen auf dem Bild unten sind beste Freunde, „Buddies“, wie manche sagen – oder etwa nicht? Irgendetwas in den Blicken könnte auch auf eine Konkurrenz der beiden hindeuten. Und dann ist da die seltsame Bildunterschrift, wonach die Vorstellung, die der eine von Freiheit hat, keine weitere mehr zulässt. Beziehungsstatus also: kompliziert.
Muntean/Rosenblum. Foto: Belvedere
Bild-Text-Reibungen sind die Spezialität des Künstlerduos Muntean / Rosenblum, das mit zwei Werken in der neuen Themenschau des Dommuseums Wien vertreten ist. Dessen Direktorin Johanna Schwanberg ist mittlerweile bekannt dafür, Kunstwerke aus verschiedenen Epochen nach Vorbild früherer Salons und Wunderkammern durcheinanderzuwürfeln und sie als Anzündbriketts für Gespräche zu „großen Themen“ zu nutzen. Beim Themenfeld „Freundschaft“ – wo Schwanberg erneut mit Co-Kurator Klaus Speidel zusammenarbeitete – funktioniert das hervorragend, wohl auch, weil diese Facette des Lebens jeden Menschen direkt betrifft.
Was ein echter Freund ist
Dabei ist die Definition von Freundschaft nicht so einfach, wie Schwanberg betont – die Kriterien „freiwillig, nicht familiär, nicht sexuell“ würden oft herangezogen, seien aber nicht trennscharf: Werden doch viele „Freundschaften“ durchaus aufgrund strategischer Überlegungen oder sozialer Zwänge getroffen und sind nicht automatisch von Familie und Begehren abgegrenzt.
„Um jemanden als ,guten Freund’ zu bezeichnen, muss man etwa 200 Stunden über einen Zeitraum von drei Monaten gemeinsam verbracht haben’“, sagt der Psychologe Oliver Huxhold, der in der aktuellen Ausgabe der ZEIT weitere Kriterien anführt. „Dazu kommt, dass man sich gegenseitig unterstützt, gemeinsame Aktivitäten hat und vor allem offene Gespräche miteinander führt.“
TBANicht nur „gematcht“
Wie viele wissen, geben messbare Übereinstimmungen – etwa bei Hobbys oder Kleidungsstil – nicht unbedingt Auskunft über die Qualität einer Freundschaft. Ein Wandbild der Künstlerin Juliette Green nimmt in der Ausstellung darauf Bezug – und zeigt auch die Grenzen der algorithmisch vermittelten Freundschaften in sozialen Medien und Dating-Apps.
Eine „Krise der Freundschaft“ sieht Psychologe Huxhold in der digitalen Gegenwart dennoch nicht. Anders als etwa die Rolle der Familie werde die gesellschaftliche Bedeutung von Freundschaft in der Politik aber nicht ausreichend wahrgenommen.
Kein Wahlspruch
Museumsdirektorin Schwanberg ist indes wichtig, dass ihre Ausstellung nicht auf politische Lesarten eingegrenzt wird: „Freundschaft ist im christlichen Denken genauso ein Thema wie in der Sozialdemokratie“, sagt sie. Anders als bei anderen Universalthemen – etwa Liebe oder Trauer – sei das Repertoire, mit dem Freundschaft in der Kunst erfasst und visualisiert wurde und wird, aber ziemlich klein.
Hofburg Brixen Bressanone
Die „Heimsuchung“ – der Besuch Marias bei Elisabeth, die mit Johannes dem Täufer schwanger ist – gehört zu den Freundschaftsszenen, für die das Museum Darstellungen aus dem Mittelalter bereithält; sie werden mit zeitgenössischen Bildern weiblicher Solidarität kombiniert. Später kannte die Kunstgeschichte Gilden- und Gruppenporträts, sehr oft von Männerbünden. Auch hier bringt die Ausstellung Beispiele und zeitgenössische Pendants.
Verbandelt
Häufig aber blieb die optische Freundschaftsbekundung außerhalb der Sphäre der hehren Kunst. Das Dommuseum versammelt hier Kärtchen, Souvenirs oder Objekte wie das Freundschaftsband, das in der Gefolgschaft von Taylor Swift zuletzt eine Renaissance erlebt hat. An der Rückwand der Ausstellung hat schließlich die spanische Künstlerin Susanna Inglada eine grandiose Collage realisiert, bei …read more
Source:: Kurier.at – Kultur