„Weibstrümmer“ und Che Guevara: Künstlerin Gerda Fassel verstorben

Kultur
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 Sie war eine Künstlerin, die nie ganz aus der zweiten Reihe heraustreten konnte. Weil sie Bildhauerin und nicht Bildhauer war. Weil sie der Lehre verpflichtet war. Und weil der Kunstbetrieb in ihrer entscheidenden Karrierephase Frauen noch Steine in den Weg legte. Nun ist Gerda Fassel nach längerer Krankheit am Dienstag im Alter von 83 Jahren in ihrer Heimatstadt Wien verstorben, wie ihre Nichte Elisabetta de Luca mitteilt und „Die Presse“ berichtet. 

Geboren wurde Gerda Fassel am 14. August 1941 in der Bundeshauptstadt, wo sie nach einer kaufmännischen Lehre auch die Kunstschule besuchte, bevor sie 1962 in die USA ging. Nach ihrer Rückkehr folgte zunächst die Matura und dann das Studium an der Akademie/Hochschule für angewandte Kunst bei Hans Knesl und Wander Bertoni. Freischaffende Bildhauerin ab den 70ern In den frühen 1970ern wurde Fassel dann freischaffende Bildhauerin.

„Blade Wuchtl“

Sie war feministische Künstlerin, lange bevor dieses Attribut einen positiven Klang bekam, propagierte neue Körperbilder, lange bevor der Begriff „Bodyshaming“ im deutschen Sprachraum bekannt wurde. Unter dem Titel „Weibstrümmer“ gestaltete sie weibliche Bronzen mit mächtigen Formen, die zu ihrem Markenzeichen wurden.

Klaus Pichler/Wien Museum

„Die Breite meiner Figuren kann man nicht nur – um es auf gut Wienerisch zu formulieren – als ‚blad‘ interpretieren, also, dass es eine ‚blade Wuchtl‘ ist, sondern es geht um die Ausdehnung im Raum, um die Verdichtung, um die Spannung, kurzum, dass die Kraft spürbar wird“: Mit diesen Worten wird Fassel in einer Würdigung der Sammlung Verbund, die die Künstlerin als eine Vorreiterin der „feministischen Avantgarde“ feiert, zitiert.  

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Professorin an der „Angewandten“

Fassel war aber nicht zuletzt ein Mensch, der sein Wissen auch an die jüngeren Generationen weitergab. Sie hatte von 1996 bis 1998 eine Gastprofessur für Bildhauerei an der Hochschule für angewandte Kunst in Wien inne, übernahm dann in Nachfolge von Alfred Hrdlicka bis 2006 das Ordinariat für Bildhauerei an der Hochschule/Universität für angewandte Kunst in Wien. Nicht lange ließen da die formalen Ehren auf sich warten, erhielt Fassel doch im Jahr 2001 das Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst, dem sich 2015 das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien anschloss. Und doch stand sie im Hinblick auf Einzelausstellungen den dominanten männlichen Kollegen hintan.

 Che Guevara als Vermächtnis 

In der aktuellen „Wiener Realismus“-Schau des MUSA ist Fassel zumindest am Rande vertreten, und in Susanne Rieglers aktuellem Dokumentarfilm „Verwegen. Mutig. Radikal. Frauen der feministischen Avantgarde“ wurde Gerda Fassel porträtiert. „Quasi als Pionierin eines Body Positivity-Gedankens schuf Gerda Fassel Kunstwerke jenseits normierter Körperbilder und wird daher nicht nur durch die Massivität ihres bildnerischen Materials, sondern auch als rebellische Vertreterin der heimischen feministischen Avantgarde erinnert werden“, zollte Wiens Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ) der Verstorbenen ihren Respekt.

APA/BARBARA GINDL

 Umso ironischer, dass von ihrem Œuvre im öffentlichen Raum wohl ausgerechnet die Büste eines Mannes in Erinnerung bleiben wird: Das 2008 enthüllte Abbild Che Guevaras im Wiener Donaupark stammt aus den Händen der Künstlerin, die doch eigentlich so sehr dem Weiblichen verpflichtet war. 

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Source:: Kurier.at – Kultur

      

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