Westlicht widmet der legendären Zeitschrift „twen“ eine Ausstellung

Kultur

Die deutsche Zeitschrift „twen“ dokumentierte die 1960er-Jahre, eine Zeit der Umbrüche und Aufbrüche, kompromisslos modern, provokant und hedonistisch.

Ende der 1950er-Jahre tauchte auf dem deutschsprachigen Markt eine Zeitschrift auf, deren Wirkung auf die Nachkriegspublizistik kaum überschätzt werden kann. Es raschelte damals im Blätterwald, denn „twen“ war weder Illustrierte noch Fotomagazin, weder Jugend- noch Kulturzeitschrift. Gemacht  für „junge Menschen“, denen das „Bravo“ zu blöd und der „Spiegel“ zu erwachsen war.  

Was die unter der Leitung von Willy Fleckhaus (1925–1983) entstandene „Revue der Zwanzigjährigen“ so besonders, so anders machte, kann man sich ab Samstag  im  Fotomuseum  Westlicht in Wien  ansehen. Dort läuft noch bis 18. Mai unter dem Titel „All Tomorrow’s Parties“ eine Ausstellung, die in Zusammenarbeit mit dem Münchner Kurator Hans-Michael Koetzle entstanden ist. 

©Courtesy Sammlung Hans-Michael Koetzle

„twen“ 2/1962, Cover. Fotografie Christa Peters

Neuer Stil

Das  zwischen 1959 und 1971 in Köln monatlich erschienene Magazin war kompromisslos modern gestaltet, provokant in den Themen, vergnüglich im Ton, optimistisch und voller Aufbruch. Es war also ganz anders als die damals üblichen Zeitschriften, die man im deutschsprachigen Raum am Kiosk erstehen konnte. Aber nicht nur inhaltlich, sondern auch (oder vor allem), was die grafische Aufmachung, den Bildschnitt, die Typografie, die ausgewählten Fotos, das Layout betraf.  Für die inhaltliche und grafische Ausrichtung war Willy Fleckhaus  verantwortlich, der das Magazin lange Jahre als Artdirector führte.

© Peter Brüchmann, courtesy Sammlung Hans-Michael Koetzle

Peter Brüchmann, Anastas, 1969, aus „twen“ 11/1969

Zeitlich zwischen Beat- und Studentenbewegung angesiedelt, übersetzte „twen“ das jugendliche Aufbegehren der 1960-Jahre von Anfang an in große Optik. Der Fotografie kam dabei eine Hauptrolle zu: Nicht nur die Bilder selbst sollten modern sein, vor allem sollten sie entsprechend wiedergegeben werden.  Für junge Fotografinnen  wie Charlotte March (1930–2015) oder dem aus den USA stammenden Will McBride (1931–2015) wurde das Magazin   zum Karrieresprungbrett. Letzterer wurde vor allem mit seiner Fotostrecke von seiner schwangeren Frau Barbara (Bild unten) berühmt: Es zeigt sie mit Babybauch im eng anliegenden Pulli und einer aufgeknöpften Jeans. Das Foto, später von Demi Moore und Claudia Schiffer kopiert, sorgte damals für einen Skandal.

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© Estate Will McBride/Shawn McBride

Will McBride, Barbara McBride, schwanger mit Shawn, Berlin 1960

Lifestyle

Inhaltlich gab man sich  in den Anfangsjahren „ausgesprochen politisch, pazifistisch, antinazistisch, international und aufgeklärt“, wie in der Ausstellung zu lesen ist. Ab Mitte der 60er-Jahre wurde es etwas  „lifestyliger“ –  mit großen Modestrecken, Geschichten über Stars, Werbung für Softdrinks, Alkohol, Zigaretten, Kosmetika oder  Radios. Es ging  natürlich auch ums Essen. So schrieb der spätere Gastrokritiker  Wolfram Siebeck (1928–2016) in der „twen“ seine ersten Kolumnen.

©Courtesy Sammlung Hans-Michael Koetzle

„twen“ 6/1969: Cover mit Uschi Obermaier

Peter Handke beim Beatles-Konzert

Im Westlicht begegnen die Besucherinnen und Besucher Fotos von Uschi Obermaier, die Guido Mangold 1969 für das „twen“-Cover fotografierte. Auch ein 1966 von Michael Friedel geschossenes Foto von Peter Handke bei einem Beatles-Konzert in Essen ist vertreten. Der Titel der Ausstellung ist übrigens dem gleichnamigen Song von The Velvet Underground & Nico entliehen, hatte „twen“ die Sängerin Nico doch bereits 1961 auf dem Cover gezeigt, als sie noch weitgehend ein unbekanntes Fotomodel war.

Grenzen verschoben, Tabus überwunden

twen hat in den 60er-Jahren Grenzen verschoben, Tabus …read more

Source:: Kurier.at – Kultur

      

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