
Kinder, die über Leichen springen mussten, um sich in Sicherheit zu bringen. Menschen, die ohne Ziel und durstig, hungrig, schwitzend, einfach gerannt sind – in irgendeine Himmelsrichtung, bis sie keine Explosionen mehr gehört haben. Bis sie, oft zufällig, in einem anderen Land gelandet sind.
Geschichten wie diese kennt Sarah Easter, die für die NGO Care regelmäßig in Krisengebiete reist und über die Zustände dort berichtet, zuhauf. Kürzlich war sie im Südsudan, vor ein paar Monaten im Tschad. In beiden Ländern sind die Auswirkungen des Kriegs im Nachbarstaat Sudan, dessen Ausbruch sich am Dienstag zum zweiten Mal jährt, über die Millionen Geflüchteten stark zu spüren.
Easter erzählt von katastrophalen Zuständen nahe der Grenzen: „Die Menschen buddeln mit ihren bloßen Händen im Sand, um Wasser zu suchen. Manchmal dauert es den ganzen Tag, bis sie welches finden.“ An Essen komme man ebenfalls nur schwer. Dazu kämen Malaria-Ausbrüche. „Und nachts haben viele Angst davor, überfallen zu werden. Sie behalten sich teilweise einen Stock in ihren Hütten, um sich zu verteidigen.“
Zehntausende Tote
Knapp 13 Millionen Menschen wurden laut UN im Sudan-Krieg bereits vertrieben, fast 25 Millionen – etwa die Hälfte der Bevölkerung – leiden unter akutem Hunger. Zehntausende dürften den Kämpfen bereits zum Opfer gefallen ein. Auslöser war ein Machtkampf zwischen Militärherrscher Abdel Fattah al-Burhan und seiner Armee einerseits und seinem früheren Stellvertreter Mohamed Hamdan Dagalo, der die RSF-Miliz befehligt, andererseits.
Amnesty International beschuldigt die RSF u. a. „systematischer sexualisierter Gewalt gegen Frauen und Mädchen“. Gruppenvergewaltigungen und sexualisierte Versklavungen stellen demnach Kriegsverbrechen dar, „mit der Absicht, ganze Gemeinschaften zu unterwerfen, zu demütigen und zur Flucht zu zwingen“.
EPA/DIEGO MENJIBAR
Sudanesische Geflüchtete im Renk-Camp im Südsudan
Doch auch, wenn die Menschen von den Kriegsgräueln weg schaffen, kommen sie in Staaten, die selbst von Armut, Dürre, Fluten geprägt und auf Unterstützung aus dem Ausland angewiesen sind.
Hilfsgelder-Kürzungen schmerzlich spürbar
Zu Kriegsbeginn im Sudan habe es mit der Versorgung in den Nachbarländern noch etwas besser ausgehen, erinnert sich Easter. Da habe es, gerade im Tschad, mehr Essensrationen für die Menschen gegeben; Decken; vielleicht sogar ein Moskitonetz.
Doch angesichts der Hilfsgelder-Kürzungen westlicher Länder, u. a. von USAID durch US-Präsident Donald Trump, werde die Unterstützung vor Ort immer schwieriger. „Es fehlt überall an Geld. Unsere Teams in den Gesundheitszentren können zum Beispiel größere Verletzungen manchmal gar nicht mehr behandeln, weil es das nötige Equipment nicht mehr gibt. Es geht wirklich um Leben und Tod.“
Angriffe auf Helfer
Im Sudan selbst ist humanitäre Hilfe in manchen Gegenden nur schwer möglich. Claire San Filippo, Notfallkoordinatorin von Ärzte ohne Grenzen, berichtet: „Medizinische Einrichtungen und Personal werden angegriffen. Das globale humanitäre System ist nicht in der Lage, auch nur einen Bruchteil dessen zu leisten, was benötigt wird.“
Ihre Organisation appelliert daher erneut an die Kriegsparteien und ihre Verbündeten, dafür zu sorgen, dass Zivilbevölkerung und Helfer geschützt werden und dass alle Beschränkungen für den Hilfsgüter-Transport aufgehoben werden, insbesondere da bald die Regenzeit einsetzt.
Ganze Regionen könnten dann überflutet, bestehende Versorgungswege somit unterbrochen werden. Doch auch anderweitig könnte sich die Vertreibungskrise noch einmal deutlich verschärfen.
Denn auch im Südsudan, wo sich derzeit nach der Schließung mehrerer Gesundheitszentren Cholera breit macht, …read more
Source:: Kurier.at – Politik