60-Milliarden-Loch im Haushaltsbudget: Ein „GAU für die Ampel“

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Der Regierung fehlen mindestens 60 Milliarden Euro im aktuellen Budget. Woher das Geld kommen soll, ist unklar. Die Ampel steht vor einer Zerreißprobe.

„Lindner greift zum Haushalts-Hammer“, titelte die deutsche Bild, als am Montagabend bekannt wurde, dass das Finanzministerium eine Ausgabensperre für alle Ministerien verhängte. Hintergrund: das 60 Milliarden Euro schwere Loch, das das Urteil des Verfassungsgerichtshofs zur Umwidmung der Gelder ins Haushaltsbudget gerissen hat, und nun gestopft werden muss. Die Ampel-Regierung kämpft mit einer „Investitionskrise“ – und möglicherweise ihrer größten Zerreißprobe. Der KURIER liefert die Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Was ist passiert?

Vergangene Woche hat das Bundesverfassungsgericht den Plan der Ampel-Koalition, 60 Milliarden Euro nicht genutzter Coronahilfen aus dem Haushalt von 2021 in den Klimafonds umzuwidmen, für nichtig erklärt. Damit wollte die Regierung Projekte zur grünen Transformation der Wirtschaft finanzieren. Dieses Geld fehlt nun. Bereits nach der Urteilsverkündung hatte FDP-Finanzminister Christian Lindner Teile des Klimafonds gesperrt. Jetzt wurde eine Ausgabensperre für alle Ministerien verhängt.

Was bedeutet die Ausgabensperre?

Der Stopp gilt für sogenannte Verpflichtungsermächtigung, aktuelle Staatsausgaben sind nicht betroffen. Es dürfen also keine Zahlungsverpflichtungen für die nächsten Jahre getätigt werden, zum Beispiel Investitionen in den Umbau von Industrien, Gebäudesanierungen und den Ausbau Erneuerbarer Energien. Jetzt wird der gesamte Haushaltsplan 2023 neu diskutiert, Ausgaben werden neu überprüft.+

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Welche Optionen hat die Ampel-Koalition?

Es gilt, die 60-Milliarden-Euro-Lücke im Haushalt zu füllen. Dafür gibt es mehrere Möglichkeiten: Die CDU fordert eine Kürzung von Sozialleistungen, zum Beispiel den Stopp der kürzlich errungenen Kindergrundsicherung, Einsparungen beim Bürgergeld oder Heizungsgesetz. Möglich sind auch Abstriche bei wirtschaftlichen Förderungen: Die FDP will die fast zehn Milliarden Euro schwere Subvention für die Intel-Chipfabrik in Magdeburg kürzen. Gleichzeitig ist sie gegen Steuererhöhungen, während die Linke eine „Klimareichensteuer“ für mehr Mittel im Budgettopf fordert.

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Möglich ist auch ein abermaliges Aussetzen der im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse, um zusätzliche Kredite aufzunehmen. Das fordert die SPD. Dafür braucht es gesetzlich jedoch eine „außergewöhnliche Notsituation“ – 2022 war das die Abkoppelung von russischem Gas, davor dienten die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie als Grund. „Die Frage ist, ob der Klimawandel als Dauerherausforderung dafür reicht“, sagt Albrecht von Lucke, Politologe der Blätter für deutsche und internationale Politik. Das sei zweifelhaft. Mittlerweile würden aber auch konservative Ökonomen argumentieren, dass zukunftsnotwendige Investitionen von der Schuldenbremse ausgenommen werden sollten.

Kanzler Olaf Scholz (SPD) hat sich in der Debatte noch nicht zu Wort gemeldet.

Wackelt jetzt die Ampel-Regierung?

Der Politologe spricht von einem „GAU für die Ampel“. Es zeige sich einmal mehr, „dass diese Koalitionspartner von Anfang an zwei unterschiedliche Staats- und Wirtschaftsverständnisse hatten: die FDP, die an der schwarzen Null festhält, und Grüne und SPD, die an einen unternehmerischen Staat glauben, der auch Schulden machen muss, weil sonst die Jahrhundertaufgabe, der Stopp des Klimawandels, nicht bewältigbar ist.“ Es brauche einen „völligen Neuanfang, fast so was wie neue Koalitionsverhandlungen“, anderenfalls fehle der Regierung die Geschäftsgrundlage.

Trotzdem, glaubt von Lucke, dürfte sich die Regierung wohl auf eine gesichtswahrende Lösung einigen, die Koalition zwei weitere Jahre halten: „Die Parteien wissen, dass sie bei Neuwahlen alle verlieren würden. Der Wille …read more

Source:: Kurier.at – Politik

      

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