Absturz mit einem Hubschrauber – was davon bleibt

Politik

„Das Ding stürzt ab – wer holt mich raus?“ Vor 30 Jahren überlebte der Autor in Kambodscha einen Hubschrauber-Crash. Die Bilder sind heute noch ständig da.

„Als es nur noch 30, 40 Meter bis zum Boden sind, ist schon Zeit für Scherze. ,Wieder einen Russenflug überlebt’, schreit der Kollege vis-à-vis in den höllischen Rotorenlärm des MI-17-Helikopters … Doch dann kommt alles anders: Plötzlich beginnt der Hubschrauber, in dem wir wie aufgefädelt auf Metallbänken hocken, zu vibrieren, bleibt in der Luft stehen, erzittert immer heftiger. Irgendetwas ist faul.“

So beginnt vor 30 Jahren eine Geschichte, die ich froh war, noch schreiben zu können. Drei Tage nach dem 20. März 1993. Nach dem Absturz mit einem Hubschrauber der UNO in Kambodscha. Alle der 23 Insassen haben wie durch eine Reihe von Wundern überlebt. Viele verletzt, sechs davon schwer. Aber überlebt. Ich war einer davon.

Verändert so eine Erfahrung das Leben? Ist man plötzlich dankbarer für das, was man haben darf? Bekommt man die Bilder jemals los? Oder ist alles wie vorher?

Andreas Schwarz

Die Reste vom Heckrotor

Wir waren nach Ende des Bürgerkrieges in Kambodscha zu einem Fischerdorf nahe der Provinzhauptstadt Siem Reap unterwegs, wo Einheiten der Roten Khmer ein Massaker an Dorfbewohnern verübt hatten. „Wir“, das waren Berichterstatter aus der ganzen Welt (ich war damals für Die Presse unterwegs), die auf Einladung der UNO einen Blick auf die Demokratisierung und die Vorbereitung auf die anstehenden Wahlen in dem südostasiatischen Land werfen sollten. Die UNO verwendete für ihre Flüge durch das Land russische Hubschrauber.

  Vorsicht Fettnäpfchen: Warum die Krönung von Charles so heikel ist

Der Flug aus der Hauptstadt Phnom Penh über Reisfelder und Seen bei strahlendem Sonnenschein war beeindruckend. Irgendwann ein merkwürdiger Ruck und eine Drehung des Helikopters, an die wir nachher noch denken sollten, aber sonst nichts Auffälliges.

Drehungen und Funken

Aber dann das scheinbar endlose Stehen vor der Landung in der Luft, eine halbe Minute, eine Minute. Das Erzittern des Hubschraubers, erst leicht, dann immer heftiger. Und dann senkt das Fluggerät seine Nase langsam nach unten, macht eine scharfe Drehung nach links und beginnt, in extremer Schräglage, um die eigene Achse zu kreisen. Einmal, zweimal, dreimal … – das Rotorengeräusch wird immer lauter und höher, das Tempo der Drehungen immer schneller. Himmel und Erde fliegen vor den Fenstern vorbei, die Insassen wie Puppen durch den Innenraum des Helis, in dem Funken aus offen liegenden Leitungen sprühen wie bei Wunderkerzen.

Längst habe ich realisiert: Wir stürzen ab.

Aber nichts von dem geschieht, was man aus Erzählungen von Nahtod-Erfahrungen kennt – das Leben läuft nicht wie im Zeitraffer vor mir ab, ich sehe die Szene auch nicht wie aus der Hubschrauberperspektive, blödes Wort, von oben. Ich denke nur, mit einem leeren Gefühl im Bauch wie in einer Hochschaubahn: Scheiße (pardon, Anm.), ich bin tatsächlich hier drinnen, und das Ding stürzt ab. Das ist jetzt echt. Wer holt mich hier raus? Wo ist meine Familie? Zu spät …

Andreas Schwarz

Der MI-17 – nach dem Absturz nur noch halb so hoch

Dann, als sich auch im Kopf alles zu drehen beginnt, der Heli sich zu überschlagen droht: ein Krachen, ein Aufschlag, ein Bersten – Stille. Ein …read more

  Warum Tiktok weltweit unter Druck steht und ein US-Verbot droht

Source:: Kurier.at – Politik

      

(Visited 5 times, 1 visits today)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.