Der neu gewählte Parteichef sagt, er hat alles gegeben, um die SPÖ wieder ganz nach vorne zu führen. Laut Umfragen reicht es nicht nur für den dritten Platz.
Eines kann man Andreas Babler schwerlich vorhalten: Dass er im Wahlkampf nicht alles gegeben hat. Bis zuletzt, also bis einen Tag vor dem Wahlsonntag, war der Bürgermeister von Traiskirchen unterwegs, um für sich als Bundeskanzler zu werben. Und auch beim offiziellen Wahlkampfabschluss am Wiener Viktor-Adler-Markt tat der neu gewählte Vorsitzende, was er in Dutzenden Auftritten gemacht hat: Er redete sich in einen Furor und erinnerte in der ihm eigenen Art an die Kern-Themen, für die er politisch stehen will, nämlich: für Kinderrechte, für die Gleichstellung von Mann und Frau, für sichere Pensionen und dafür, dass Vermögens- und Reichensteuern kommen.
„Ich glaube, ich habe geliefert!“, schmettert Babler am Samstag noch in die Runde.
Ob dem so ist, wird sich weisen.
Als unstrittig gilt, dass es für die in der jüngeren Zeitgeschichte durchaus Krisen-gebeutelte Sozialdemokratie um ausnehmend viel geht: 2019 hatte Bablers Vorgängerin Pamela Rendi-Wagner – trotz des Ibiza-Skandals – nur 21,2 Prozent geschafft – es war das historisch schlechteste Ergebnis für die Sozialdemokratie.
Das will Babler diesmal nicht nur klar überspringen, sondern auch den ersten Platz und damit die Führung in einer Koalitionsregierung für sich in Anspruch nehmen.
Der Trend in den Umfragen zeigte zuletzt freilich eine eher fallende Tendenz. Während Babler selbst dies einer überkritischen Berichterstattung und der Macht „mancher Medienkonzerne“ zuschreibt, sind es wohl auch die nach außen getragenen Internas und Konflikte, die am Image der SPÖ kratzen.
Babler ist erst seit etwas mehr als einem Jahr Bundesparteivorsitzender. Und seine Wahl war von Flügelkämpfen und der mittlerweile legendären Auszählungspanne (Details siehe hier) überschattet, die auf vielen Ebenen, inhaltlich wie persönlich, bis heute nachhallen.
Babler hat die SPÖ-Führung auf einen klar linken bis linkspopulistischen Kurs getrimmt, der sich unter anderem durch die Forderung von Vermögens- und Erbschaftssteuern und einer scharfen Abgrenzung von der FPÖ auszeichnet.
Dieser Kurs ist nicht unumstritten – und wurde mit Platz 3 bei der EU-Wahl im Juni von der Wählerschaft nicht unbedingt belohnt.
Die inhaltliche Ausrichtung war es auch, die ausgerechnet im Wahlkampf intern für Kritik sorgte.
Keine Geringere als die Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures hielt schriftlich fest, dass sich die SPÖ angesichts der vielen, finanziell kostspieligen Forderungen möglicherweise den Vorwurf der „Unernsthaftigkeit“ gefallen lassen müsse – ein deutlicher Schlag gegen Bablers Ausrichtung.
Und dann gab es auch noch die „Lügenaffäre“ um SPÖ-Bürgermeister Klaus Luger. Sie hatte insofern Relevanz, als Bablers Macht als Parteichef gefragt war – und hinterfragt wurde.
Und dabei wäre die Themenlage für die SPÖ durchaus von Vorteil: Die Teuerungskrise, die zu hohen finanziellen Belastungen bei der Bevölkerung gesorgt hat, würde der Sozialdemokratie ebenso in die Hände spielen wie missliche Zustände im Gesundheitssystem und bei Arzt-Terminen. Noch immer steht die SPÖ für die Themen Pensionen, Gesundheit und Gerechtigkeit.
Dem steht allerdings eine bis heute schwer zu vermittelnde Positionierung bei der Migrations- und Asylfrage gegenüber. Und dieses ausnehmend emotionale Thema ist offenkundig auch das, welches den Höhenflug der Freiheitlichen begünstigt.
Abgesehen davon, dass Platz 1 für die SPÖ eine beachtliche …read more
Source:: Kurier.at – Politik