
Wem gehört Bachmut? Moskau feiert die Einnahme der Stadt als historischen Sieg. Kiew aber dementiert.
Das russische Staatsfernsehen griff an diesem Sonntag tief in die Gefühlskiste. So wie er hätten sich wohl einst, 1945, die Großväter gefühlt, erklärte ein Soldat aus Bachmut. „Mission erfüllt“, fügte der Moderator staatstragend hinzu.
➤Lesen Sie die Hintergründe der Schlacht um Bachmut: Monate haben die bisher schwersten Kämpfe des Krieges in der Ukraine gedauert. Obwohl sich die Verlustzahlen auf beiden Seiten nur schätzen lassen, sind zumindest 20.000 russische Soldaten beim Kampf um die Stadt in der Ostukraine gefallen. Präsident Wladimir Putin beglückwünschte die Wagner-Söldnertruppe und die russische Armee zur „Befreiung“ der umkämpften Stadt, die in Russland Artjomowsk genannt wird. In einer auf der Website des Kreml veröffentlichten Meldung erklärte Putin, dass die Schlacht um Bachmut beendet sei. Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin hatte ja schon am Tag zuvor die Einnahme der Stadt durch seine Truppen verkündet.
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Das kremltreue Staatsfernsehen gönnte dem Putin längst unangenehm gewordenen Prigoschin nur eine Nebenrolle.
Ganz anders aber sieht die Lage in Bachmut aus ukrainischer Sicht aus. Die Stadt ist nach Angaben von Präsident Wolodymyr Selenskij nicht vollständig unter russischer Kontrolle. „Bachmut ist heute nicht von Russland besetzt worden“, erklärte er am Sonntag beim G7-Gipfel in Hiroshima.
„Ich denke nicht“
Selenskij stellte damit missverständliche Aussagen von ihm selbst klar. Nach einem Treffen mit US-Präsidenten Joe Biden war er von einem Reporter zur militärischen Lage gefragt worden: Sei Bachmut denn noch in ukrainischer Hand? Der Journalist schob nach, die Russen hätten gesagt, dass sie Bachmut eingenommen hätten. Der ukrainische Präsident antwortete mit den Worten: „Ich denke nicht.“
Keine Einkesselung
Auch die ukrainische Vizeverteidigungsministerin Hanna Maljar erklärte, ukrainische Streitkräfte hielten weiterhin Teile von Bachmut. Die eigenen Truppen hätten die Stadt an den Flanken teilweise eingekreist, betonte Maljar auf dem Chatdienst Telegram. Tatsächlich haben ukrainische Einheiten rund um Bachmut Erfolge erzielt. Um die Russen aber tatsächlich einzukesseln, fehlen noch viele Kilometer, auf denen sich die Russen festgesetzt haben. Der Generalstab in Kiew schrieb in seinem morgendlichen Lagebericht: „Der Kampf um die Stadt Bachmut geht weiter.“
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Selenskij betonte, die Stadt sei fast vollständig zerstört. Es gebe dort keine Gebäude mehr „und eine Menge toter Russen“. Er sagte weiter: „Es ist eine Tragödie.“ Aber heute sei Bachmut „nur in unseren Herzen“.
Selenskij aber verließ den G-7-Gipfel trotzdem mit eindeutig positiven Nachrichten. Die Lieferung westlicher F-16-Kampfflugzeuge wird nun auch von den lange skeptischen USA unterstützt. Selenskij hat Präsident Biden im Ausgleich persönlich zugesagt, die Jets nicht über Russland einzusetzen. Biden hat außerdem eine neue Militärhilfe angekündigt, Artillerie und gepanzerte Fahrzeuge. Gesamtumfang: etwa 375 Millionen US-Dollar.
Source:: Kurier.at – Politik