
Die Union will am Freitag einen Gesetzesentwurf zur Begrenzung des Familiennachzugs zur Abstimmung stellen. CDU-Chef Friedrich Merz könnte sich wieder von der AfD stützen lassen.
Am Mittwoch der erste Tabubruch, am Donnerstag deutschlandweit Proteste: Weil die Union am Mittwoch einen Antrag auf Grenzschließung mit der AfD durchgebracht hat, eskaliert kurz vor der Bundestagswahl die seit Jahren schwelende Auseinandersetzung um den richtigen Kurs in der Migrationspolitik.
Auslöser waren mehrere tödliche Attacken, zuletzt in Aschaffenburg, bei denen die Tatverdächtigen Zuwanderer sind. Die wichtigsten Fragen und Antworten:
Worüber wird am Freitag abgestimmt?
Die Union (CDU/CSU) hat am Mittwoch mit der AfD eine generelle Zurückweisung aller Asylsuchenden an den deutschen Grenzen sowie eine dauerhafte Inhaftierung von Ausreisepflichtigen beschlossen, die nicht abgeschoben werden können und nicht freiwillig ausreisen. Eingebürgerte Doppelstaatler, die schwere Straftaten verüben, sollen die deutsche Staatsangehörigkeit wieder verlieren können.
Am Freitag steht der Entwurf für ein „Gesetz zur Begrenzung des illegalen Zustroms von Drittstaatsangehörigen nach Deutschland“ zur Debatte, der den Familiennachzug zu Geflüchteten mit eingeschränktem Schutzstatus beenden soll. Die Bundespolizei soll, wenn sie in ihrem Zuständigkeitsbereich Ausreisepflichtige antrifft, aufenthaltsbeendende Maßnahmen durchführen dürfen.
Wer könnte den einzelnen Vorschlägen zustimmen?
Notwendig ist in jedem Fall eine einfache Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen. Das heißt, es müssten mehr Ja- als Nein-Stimmen abgegeben werden. Enthaltungen werden dabei nicht gezählt.
Die Union kann dabei auf Stimmen von FDP und BSW zählen, und es wird damit gerechnet, dass auch die AfD wieder zustimmt.
Würde sich auch praktisch etwas ändern?
Das ist möglich, wenngleich nicht sehr wahrscheinlich. Denn der Antarg vom Mittwoch hatte lediglich appellativen Charakter. Anders ist es mit dem Gesetzentwurf. Da der Entwurf vorsieht, die Kompetenzen der Bundespolizei auszuweiten und das die Interessen der Länder berührt, müsste der Bundesrat zustimmen. Ob dies geschieht, ist zumindest fraglich. In schwarz-grünen Landesregierungen dürfte es in jedem Fall Diskussionen auslösen.
Gibt es rechtliche Bedenken?
Ja. Und zwar vor allem gegen einige Punkte, die im Antrag vom Mittwoch enthalten sind. Allerdings gibt es unter Fachleuten zu beiden Fragen unterschiedliche Meinungen.
Bei den Zurückweisungen setzt die Union womöglich aber auch auf die Macht des Faktischen. Mit anderen Worten: Die deutsche Regierung könnte entsprechende Maßnahmen erst einmal umsetzen und dann schauen, ob eine etwaige Klage dagegen vor einem Verwaltungsgericht beziehungsweise dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuG) Erfolg hat.
Müsste die jetzige Regierung das Gesetz umsetzen?
Wenn der Bundesrat zustimmen sollte, ja. Der Bundesrat dürfte allerdings – wenn keine Fristverkürzung beschlossen wird – erst nach der Bundestagswahl am 23. Februar über den Entwurf entscheiden. Dann müsste der Bundespräsident das Gesetz noch unterzeichnen. Entscheidend ist die Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt. Da nach der Wahl erst einmal Sondierungen und Koalitionsverhandlungen anstehen, könnte es theoretisch sein, dass die rot-grüne Regierung dann noch als amtierende Bundesregierung handeln müsste.
Wem nutzt die aktuelle Debatte im Wahlkampf?
Das ist noch offen. Umfragen zeigen, dass viele Bürgerinnen und Bürger die Migrationspolitik aktuell als Problemfeld begreifen. Dass die Union jetzt hier noch einmal den Druck erhöht, mag – ebenso wie der Inhalt ihrer Vorschläge – einigen Wählern gefallen. Jedoch könnte die Ansage ihres Kanzlerkandidaten Friedrich Merz (CDU), die eigenen Vorstellungen notfalls auch mit Stimmen von AfD und BSW durchzusetzen, andere Wähler verschrecken. …read more
Source:: Kurier.at – Politik