
Ein 800 Milliarden Euro schweres Paket, mit ein paar wuchtigen Schlagworten wie „ReArm“, oder „SAFE“ gleich dazu: Ursula von der Leyen und ihre um Superlative selten verlegene EU-Kommission haben sich beim Thema Aufrüstung Europas ordentlich ins Zeug gelegt. Die „Zeit für Europa ist gekommen“, „resilient und sicher“ werde der Kontinent nun werden“, erklärte die Kommissionschefin bei der Präsentation vor wenigen Wochen.
Die Milliarden müssen die EU-Staaten aufbringen
Doch hinter den großen Zahlen steht ein fast ebenso großes „Aber“.
Denn den Großteil dieser Milliarden sollen die EU-Staaten selbst aufbringen, Brüssel gibt ihnen dazu quasi nur seinen budgetpolitischen Segen, in dem es die eigentlich strengen Regeln für Budgetdefizit und Staatsverschuldung lockert. Die Hauptstädte müssen diese Lockerung der Schuldenbremse nur in der Brüsseler Zentrale anmelden – und zwar plangemäß bis Anfang Mai.
Der erste Eintrag, der tatsächlich einlangte, war der aus Berlin. Eine Reihe kleinerer Länder schloss sich dann in letzter Minute an. Deutschlands nächster Bundeskanzler Friedrich Merz hat schon vor seinem Amtsantritt ein tatsächlich mächtiges Investitionspaket durch den Bundestag in Berlin absegnen lassen.
Die noch amtierende Regierung hat in Brüssel die dafür notwendige „Ausnahmeklausel“ aktivieren lassen. Damit stehen die Zeichen in Berlin auf Rüstung. Rund eine Billion Euro an zusätzlichen Ausgaben umfassen die Pläne der neuen Regierung für Verteidigung und Infrastruktur.
„Große Entschlossenheit“ – aber wo?
Gewaltige Rüstungspläne für ein Land, das ohnehin schon mit Abstand die größten Militärausgaben in Europa verzeichnet. Deutschland ist inzwischen – angetrieben durch die Russlands Angriffskrieg in der Ukraine – Nummer vier in der Liste der Staaten mit den größten Rüstungsausgaben. Wo aber bleiben die anderen europäischen Mächte: Frankreich, Italien, oder Spanien? Laut Von der Leyen sei sie überall auf „große Entschlossenheit“ getroffen, konkrete Anträge auf mehr Rüstungsausgaben, gerade aus Paris, oder Rom, aber blieben aus.
Viele Länder stecken in Defizitverfahren
Doch ohne die wird es nicht gehen, schließlich stecken Frankreich und Italien bereits in einem EU-Defizitverfahren. Damit aber braucht man die Zustimmung aus Brüssel, um sich nicht Sanktionen wegen Bruch der Budgetregeln einzuhandeln. In Rom jedenfalls – Italiens Staatsverschuldung liegt bei rund 140 Prozent des BIP – hat man schon klar gemacht, dass man nicht interessiert ist.
Frankreich wiederum drängt darauf, dass das Geld für Rüstung ausschließlich in Europas Industrie fließen dürfe. Länder wie Polen, die auf gute Beziehungen mit Washington mehr Wert legen, wollen durchaus in den USA Waffen kaufen.
Umdenken in Berlin beginnt
Zu viele Schulden für Rüstung, so fürchten die stark verschuldeten Staaten, könnte ihnen Schwierigkeiten auf den Finanzmärkten einbringen, vor allem hohe Zinsen, wenn man frisches Geld für andere Ausgaben braucht – und die könnten in wirtschaftlich schwierigen Zeiten sehr bald anstehen.
Die Lösung, auf die Frankreich oder Italien lange gedrängt haben, sind gemeinsame EU-Schulden für Rüstung und zwar weit höher und mit viel weniger Einschränkungen als es die bisherigen Pläne in Brüssel vorsehen. Von diesen EU-Anleihen wollte Deutschland bisher nichts wissen, man wollte sich nicht das eigene Image als guter Schuldner mit vernünftig geführtem Staatshaushalt kaputt machen lassen.
Inzwischen aber denkt man auch in Berlin um. Die Regierung von Friedrich Merz, die am Dienstag angelobt wird, und hochrangige deutsche Vertreter in Brüssel signalisieren bereits, dass …read more
Source:: Kurier.at – Politik