
Es gibt rein wettermäßig gerade schönere Dienstreisen als den Nordwesten Alaskas. Aber wenn Donald Trump „Drill, Baby, Drill” ruft, was in Amerika als Chiffre gilt für die unbegrenzte Ausbeutung fossiler Rohstoffe, dann ziehen sich Doug Burgum (Innenminister), Chris Wright (Energieminister) und Lee Zeldin, Chef der staatlichen Umweltschutzbehörde EPA, den Winter-Parka an und jetten dahin, wo Grizzlybären, Karibus, Tausende von Zugvögeln und andere Wildtiere ihr Habitat haben:
In der „National Petroleum Reserve”, ein 23 Millionen Hektar großes, etwa 600 Meilen nördlich von Anchorage liegendes Gebiet, das im Westen von der Tschuktschensee und im Norden von der Beaufortsee begrenzt wird.
Die Reserve wurde Anfang des 20. Jahrhunderts gegründet. Sie war ursprünglich als Brennstoffvorrat für die Marine vorgesehen. 1976 genehmigte der Kongress die vollständige kommerzielle Erschließung; mit der Auflage, dass Ölförderung mit Natur- und Wildtierschutz harmonisiert werden müsse. Genau das gelang bisher nie.
Die drei Kabinettsmitglieder haben dort in dieser Woche einen hoch umstrittenen Kurswechsel verkündet. Trump will das größte zusammenhängende Landareal der Vereinigten Staaten zügig für die Öl- und Gasförderung freigeben.
Entsprechende Riegel, die Vorgänger-Präsident Joe Biden dem Vorhaben auch aus Klimaschutzgründen vorschob, sind bereits teilweise gelockert worden. Dass Trump-Trio hatte nun den Auftrag, vor Vertretern der Industrie in eisiger Kälte für die Erschließung zu werben.
Burgum erklärte, Bidens Verordnung „untergrabe unsere Fähigkeit, heimische Ressourcen zu nutzen, zu einer Zeit, in der die Energieunabhängigkeit Amerikas noch nie so wichtig war wie heute“. Dass die USA bereits heute der mit Abstand größte Öl- und Gasproduzent weltweit sind, erwähnte er nicht. Energieminister Wright fügte hinzu: „Die Freisetzung der amerikanischen Energie geht Hand in Hand mit der Freisetzung des amerikanischen Wohlstands.“
Kritiker weisen auf Warnschüsse hin, die Trumps Unterfangen als problematisch erscheinen lassen. So hatte das Innenministerium bereits im Januar auf Basis einer Kongressentscheidung eine Versteigerung von Pachtverträgen im „Arctic National Wildlife Refuge” im Nordosten Alaskas ausgeschrieben. Das 19 Millionen Hektar große Gebiet ist einer der letzten wirklich unberührten Landstriche in den Vereinigten Staaten. Die Gwich’in, eine indigene Gruppe Alaskas, sieht es als heilig an.
Allein, der Bieterwettbewerb, von dem sich die Bundesstaats-Regierung langfristig Millionen-Einnahmen und viele Arbeitsplätze versprach, verlief absolut enttäuschend – kein Unternehmen legte ein Gebot ab.
Die Gründe liegen für Umweltschützer auf der Hand. Erik Grafe, ein in Alaska ansässiger Anwalt der Organisation „Earthjustice”, sagte, die Ölkonzerne „scheinen zu verstehen, dass Bohrungen in dieser abgelegenen Landschaft zu riskant, zu kompliziert und einfach falsch sind“. Ergänzung: Und zu kostspielig, da es keine Straßen oder sonstige Infrastruktur gibt.
Entsprechend extra-teuer würde die Exploration, für die damals mehrere große Banken die Finanzierung abgelehnt hatten. Dazu kommt ein anderer Aspekt. „Es gibt Orte, die zu besonders und heilig sind, um sie mit Öl- und Gasbohrungen auszubeuten“, erklärte Laura Daniel-Davis, einst stellvertretende Ministerin im Innenministerium. Gemeint war: der Bau von Bohrplattformen, Straßen, Pipelines und Landebahnen für Versorgungsflugzeuge würde die Lebenswelt von Tieren und Menschen massiv stören.
In der aktuellen Situation sind die indigenen Gruppen Alaskas uneins, was von Trumps Plänen zu halten ist. Nagruk Harcharek, Präsident von „Voice of the Arctic Inupiat”, unterstützt die Öl- und Gasprojekte. Der Besuch von Minister Burgum und anderen zeige, dass Washington …read more
Source:: Kurier.at – Politik