
Erdoğan will sich bei seinem Deutschland-Besuch 40 Kampfflugzeuge sichern. Scholz hingegen pocht auf Schwedens NATO-Beitritt und einen neuen Flüchtlingsdeal.
Kurz vor dem Treffen von Deutschlands Bundeskanzler Olaf Scholz und dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan hat die Türkei auf ein deutsches Ja zum türkischen Kauf von Eurofighter-Jets gedrängt. Ankaras Interesse an 40 Kampfflugzeugen sei der Regierung bekannt, hieß es in Berlin. Erdoğan traf unterdessen im Schloss Bellevue den deutschen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier.
Ob das türkische Interesse an den Kampfflugzeugen auch bei dem für den Abend geplanten Essen mit Scholz auf den Tisch kommen sollte, war zunächst unklar. Der türkische Verteidigungsminister Yasar Güler hatte am Donnerstag gesagt, man beabsichtige 40 der Kampfflugzeuge zu kaufen und habe bereits die Zustimmung von Großbritannien und Spanien. „Jetzt arbeiten sie daran, Deutschland zu überzeugen“, zitierte ihn die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu.
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Der türkische Präsident Erdoğan und sein deutsches Pendant Steinmeier im Schloss Bellevue in Berlin, 17. November 2023.
Deutschland ist an der Produktion der Eurofighter beteiligt. Deswegen ist eine Zustimmung der deutschen Bundesregierung bei jedem Exportgeschäft erforderlich. Die Lieferung von Eurofightern nach Saudi-Arabien hat Berlin zuletzt unterbunden. Der Kampfjet wird in Großbritannien gefertigt.
Umstrittener Zeitpunkt
Der Besuch Erdoğans ist auch wegen dessen scharfer Verbalattacken gegen Israel im Zusammenhang mit dem Gazakrieg umstritten. Erdoğan hatte die Ermordung vieler Hundert israelischer Zivilisten beim Terrorangriff am 7. Oktober zwar verurteilt, die dafür verantwortliche Hamas aber später als „Befreiungsorganisation“ bezeichnet. Israel warf er dagegen einen „Genozid“ im Gazastreifen vor und stellte sogar Israels Existenzrecht infrage.
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Israel versuche, „einen Staat aufzubauen, dessen Geschichte nur 75 Jahre zurückreicht und dessen Legitimität durch den eigenen Faschismus infrage gestellt wird“, sagte er Ende vergangener Woche. Scholz hat die Vorwürfe Erdoğans gegen Israel als „absurd“ zurückgewiesen. Gleichzeitig erklärte Erdoğan aber auch immer wieder seine Unterstützung für eine Zwei-Staaten-Lösung – ein Haltung, die er mit dem Bundeskanzler teilt.
Schwedens NATO-Beitritt am Verhandlungstisch
Die NATO-Partner dürften zudem das ausstehende Ja des türkischen Parlaments zur Aufnahme Schwedens in das Verteidigungsbündnis thematisieren. Das scheint sich früherer Zusagen Erdoğans zum Trotz weiter zu verzögern: Die zuständige Kommission im türkischen Parlament vertagte am Donnerstag ihre Entscheidung, laut türkischen Medienberichten auch auf Druck von Erdoğans Parteikollegen. Es gebe noch weiteren Klärungsbedarf, hieß es. Wann das Thema erneut auf die Tagesordnung gesetzt wird, war zunächst unklar.
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Türkische Journalisten spekulierten, Erdoğan könnte dies als Druckmittel in den Verhandlungen um die Eurofighter nutzen wollen. Der türkische Staatschef hatte zuvor versucht, sein Einverständnis zur NATO-Erweiterung an Kampfjets aus den USA zu knüpfen.
Bei dem Treffen zwischen Scholz und Erdogan – am Freitagabend ist ein Abendessen geplant – dürfte es vor dem Hintergrund der aktuellen Situation auch um den Flüchtlingspakt zwischen der EU und der Türkei gehen. Über ihn hatte sich die Türkei verpflichtet, die Schleuseraktivitäten an ihrer Grenze zu stoppen und Migranten zurückzunehmen, die illegal über die Türkei auf die griechischen Inseln kommen. Im Gegenzug erhielt Ankara von der EU Milliardenhilfen unter anderem für die Unterbringung der Flüchtlinge. Von Griechenland nimmt die Türkei …read more
Source:: Kurier.at – Politik