
Drei Monate ist es her, dass Donald Trump „den Tag der Befreiung“ aufgerufen und fast der ganzen Welt den Zollkrieg erklärt hat. Seither ist es erst zwei Staaten gelungen, mit dem US-Präsidenten einen vorläufigen Deal auszuverhandeln: Großbritannien und China.
Über der EU hängt hingegen weiter das Damoklesschwert gewaltiger Strafzölle, die Trump den Europäern androht. Stichtag ist der kommende Mittwoch, 9. Juli. Bis dahin will Trump einen Deal mit der EU auf dem Tisch liegen haben, andernfalls droht er mit Einfuhrzöllen von 50 Prozent auf alle europäische Produkte. Es wäre ein verheerender Tiefschlag für die ohnehin schwächelnde Wirtschaft Europas.
Entsprechend ungeduldig gab am Donnerstag Deutschlands Kanzler Friedrich Merz dem nach Washington geflogenen EU-Handelskommissar Maros Sefkovic Ratschläge mit auf den Weg: „Es muss schnell ein Ergebnis erzielt werden. Besser schnell und einfach als langwierig und kompliziert und noch monatelang in Verhandlungen“, fügte er hinzu.
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EU-Kommissar Maros Sefcovic verhandelt in Washington über einen Handelsdeal
Zusammen mit Sefkovic verhandelt in der US-Hauptstadt auch Björn Seibert, der Kabinettschef von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mit US-Handelsminister Howard Lutnick und Trumps Handelsbeauftragten Jamieson Greer über eine angestrebte Lösung.
Die EU peilt im Rahmen eines Handelsabkommens mit der Trump-Administration eine sofortige Befreiung von Zöllen in den wichtigen Schlüsselbranchen an – dazu zählen vor allem die Bereiche Chemie, Autobau, Pharma, Maschinenbau, Aluminium und Stahl.
Generell bietet Brüssel einen Basiszoll von 10 Prozent auf alle US-Produkte an. Sollte aber jegliches Verhandeln scheitern und Trump tatsächlich die Strafzölle auspacken, hätte auch die EU eine „Giftliste“ an Gegenmaßnahmen im Schrank.
Vorerst aber wird unter Hochdruck verhandelt. Trump, der den Europäern vorwirft, die USA „auszunützen“, pocht vor allem auf zwei Forderungen: Zum einen will der US-Präsident die Europäer von einer drohenden Digitalsteuer auf die US-IT-Konzerne abbringen.
Und zum anderen soll die EU den Import von nach amerikanischen Standards hergestellten Lebensmitteln erlauben: „Die Europäische Union verbietet die Einfuhr der meisten amerikanischen Geflügelsorten. Sie sagen: Wir wollen euch unsere Autos schicken, aber wir werden nichts von dem nehmen, was ihr habt“, hatte der US-Präsident die EU kritisiert.
Schreckgespenst für TTIP
Womit in Europa sofort wieder das Stichwort vom gefürchteten „Chlorhuhn“ auftauchte – also mit Chlor desinfizierte Hühnchen, die zum regelrechten Schreckgespenst avancierten, als vor einigen Jahren noch über ein mögliches US-EU-Handelsabkommen (TTIP) verhandelt wurde. Für europäische Konsumenten aber sind Chlorhühner nach wie vor ein absolutes No-Go.
Problematisch blieb bisher auch: Die USA berechnen Mehrwertsteuersätze in der EU als versteckte Zölle gegenüber den USA mit ein – hier ist der Verhandlungsspielraum der Europäer äußerst gering.
Source:: Kurier.at – Politik