
Nach dem Ressort-Streit – Stocker und Kickl beanspruchen beide das Innenministerium – spricht der FPÖ-Chef mit dem Bundespräsidenten. Was hinter dem Konflikt steckt.
Alles dreht sich, alles bewegt sich – und partout seit den Abendstunden des 25. Jahrestages der Angelobung von Schwarz-Blau (4. Februar 2000) dreht sich zwischen FPÖ und ÖVP plötzlich alles schneller.
Vermeintlich. Denn: Stunden später will man weder im blauen noch türkisen Team etwas von „Verhandlungsabbruch“ wissen und auch nicht von einem Ende der Regierungsgespräche. Klärung wie Klarheit sollen Gespräche in der Hofburg und weitere im Parlament bringen. FPÖ-Chef Herbert Kickl ist heute bei Bundespräsident Alexander Van der Bellen. Es sei ein schon länger vereinbarter Termin, heißt es bei der FPÖ.
ÖVP-Chef Christian Stocker hat sein Gespräch mit dem Staatsoberhaupt bereits am Mittwoch gehabt.
Indes wird zwischen Blau und Türkis weiter verhandelt – in manchen Bereichen wie Asylwesen und Soziales sei man gar schon fertig.
Die Hintergründe des Streits
Doch woher rührt dann die Aufregung, die Dienstagabend ihren Lauf nimmt? Rückblick: Die FPÖ unterbreitet der ÖVP eine Liste mit ihrer Vorstellung der Ressortaufteilung. Der Vorgangsweise und den Vorgaben kann die ÖVP nichts abgewinnen, sie begibt sich Dienstagabend in eine „Verhandlungspause“, wie betont wird, um sich in den Parteigremien zu beraten. Die virtuelle Besprechung sei kein eilig einberufener Parteivorstand gewesen, „sondern ein turnusmäßiges Update. Das hat auch vor einer Woche stattgefunden, nur da hat es niemanden interessiert“, so ein ÖVP-Verhandler zum KURIER.
Zudem sei während der Telefonkonferenz „natürlich weiterverhandelt worden. Da ist in den Medien etwas künstlich aufgebauscht worden.“
Doch was genau sorgt für die Aufregung auf beiden Seiten? Mehrere Gründe werden ins Treffen geführt.
Nur 2,58 % Unterschied
Die FPÖ beansprucht als Wahlsieger das Kanzleramt, das Finanz- und das Innenministerium für sich. Für die Volkspartei, die derzeit bekanntlich alle drei Ressorts besetzt, kommt das nicht in Frage. Sie argumentiert mit dem in Relation zu anderen Parteien geringen Stimmenunterschied zwischen FPÖ (28,85 %) und ÖVP (26,27 %). Deshalb wollen auch die Türkisen Finanz- und Innenministerium.
Machtministerium Inneres
Die FPÖ müsse das Innenministerium für sich beanspruchen, weil es stellvertretend für alle Migrationsthemen steht, so eine blaue Sichtweise. Die andere besagt das Gegenteil und hat mit der Vergangenheit zu tun. Das Ressort habe Kickl als Minister und der Partei „kein Glück gebracht“.
Die ÖVP will das Innenministerium und die dort ressortierten Geheimdienste behalten. Kickl weiß, wie er via Facebook sagt, dass der ÖVP das Thema Migration wichtig ist. Doch die ÖVP habe mit Magnus Brunner als EU-Kommissar einen Mann, „der jetzt in Brüssel die europäischen Regeln festlegt und umsetzt“. Er, Kickl, wolle „einen Kurswechsel in der Sicherheitspolitik und beim Asylkurs“ und deshalb genau dieses Ressort.
Mehr oder weniger Minister
Schmackhaft machen will die FPÖ ihre Ressortliste, indem sie der ÖVP die wichtigen Ministerien Landwirtschaft, Infrastruktur und Wirtschaft zuteilt. Kickl legt am Mittwoch nach: „Ihr seht: Es geht uns nicht darum, ob wir einen Minister mehr oder weniger haben.“ Den Freiheitlichen geht es wohl darum, öffentlich ein Bild zu erzeugen, der ÖVP so gut wie alles offeriert zu haben, „ein Angebot, das man nicht ablehnen kann“. Sollte die ÖVP es dennoch tun, so wäre sie in akuter Erklärungsnot.
Das sieht …read more
Source:: Kurier.at – Politik