
Um den USA entgegenzukommen, könnte die Europäische Union ihr zentrales, vor eineinhalb Jahren beschlossenes Digitalrecht aufweichen: Laut Medienberichten könnten US-Tech-Konzerne künftig mehr Mitspracherecht über die Anwendung des Digital Markets Act (DMA) erhalten. Der US-Handelsbeauftragte soll vorgeschlagen haben, die Durchsetzung des DMA für amerikanische Digitalunternehmen im Rahmen eines bilateralen Dialogs mit der EU vorübergehend auszusetzen.
Hintergrund: Offensichtlich will Brüssel US-Präsident Donald Trump im von ihm angezettelten Zollstreit besänftigen. Der Republikaner hatte sich in der Vergangenheit über die gegen Apple und Meta verhängten Strafen erbost gezeigt und das Vorgehen als „internationale Erpressung“ bezeichnet. Der Vorsitzende der US-Bundeshandelskommission, Andrew Ferguson, kritisierte jüngst den DMA als eine Form der Besteuerung von US-Unternehmen.
Zeit für Verhandlungen im Zollstreit knapp
Im Zollstreit mit den USA drängt für Europa die Zeit. US-Präsident Donald Trump hat hohe Importzölle für 90 Tage ausgesetzt – diese Frist läuft am 9. Juli ab. Die deutsche Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) zeigte sich zuletzt verhalten optimistisch für ein knappes Rahmenabkommen mit den USA. Kanzler Friedrich Merz drängte auf eine schnelle Entscheidung für vier, fünf große Industrien und nannte dabei die deutschen Schlüsselbranchen Auto- und Maschinenbau, Chemie und Pharma.
Zuletzt hatte das Wall Street Journal berichtet, die EU und die USA näherten sich bei nicht tarifären Handelsfragen von Regulierungen bis hin zur Behandlung von US-Techkonzernen einer Einigung. Der Entwurf scheine fast final, könne sich aber noch ändern.
Offener Brief
Die europäische Digitalbranche ist über die im Raum stehenden Änderungen alarmiert. Der DMA dürfe nicht zum „geopolitischen Manöver werden“, heißt es in einem offenen Brief an EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. „Lassen Sie nicht zu, dass die Durchsetzung des DMA geschwächt oder verzögert wird.“
Auch innerhalb des EU-Parlaments gibt es Widerstand. „Wenn Ursula von der Leyen tatsächlich die Wettbewerbsregeln im DMA für amerikanische Tech-Giganten lockert, erklärt sie der europäischen Digitalindustrie den Krieg“, sagt die grüne Europaabgeordnete Alexandra Geese zum Handelsblatt.
Source:: Kurier.at – Politik