„Hoffnung statt Angst“: So will Gewessler die Grünen neu aufstellen

Politik

Es ist eine Geste, dass Werner Kogler ihr zum Abschied die grüne Sonnenbrille – sein Markenzeichen – aufsetzt. Und es ist auch eine Geste, dass Leonore Gewessler sie nur kurz für die Fotografen aufbehält.

Dieses Froschgrün, nein, das passt nicht zu ihr. Die neue Bundessprecherin der Grünen – Blazer und Bluse in Mintgrün – verfolgt ihren eigenen Stil. Auf der Bühne steht eine Frau, die (entgegen früherer Analysen zu Wahlniederlagen) sagt, es gehe nicht darum, dass die Grünen schlecht kommunizieren, sondern darum, dass sie mehr zuhören müssten. Die eine Kämpferin sei, aber keine „dicke Haut“ wolle, die man in der Politik angeblich braucht. Die sich ihre „weiche Haut“ bewahren möchte, „um zu spüren“. Die empfindsam, aber nicht empfindlich sein will. Ziemlich viel Pathos liegt in diesen Worten, aber schließlich ist grüner Bundeskongress, und morgen beginnt eh die harte Arbeit. Denn was Gewessler da als Marschrichtung vorgibt, ist gar nicht so einfach.

Angstfrei

Die Grünen waren fünf Jahre lang in der Bundesregierung. „Eine Zeit, geprägt von Krisen: „Corona, Krieg, Kurz (Ex-Kanzler Sebastian Kurz, Anm.)“, so Gewessler. Bei der Nationalratswahl im Herbst stürzten sie auf 8,2 Prozent ab. Die Partei könne wieder „groß“ werden, ist die Nachfolgerin Koglers überzeugt, „wenn wir ein paar Dinge anders machen“.

Da wäre erstens dieses „Zuhören“, zu dem es zweitens gehöre, den Menschen keine Angst zu machen, sondern Hoffnung zu vermitteln. Gewessler schildert, dass eine Lehrerin sich fast nicht getraut hätte, Probleme mit nicht-deutschsprechenden Schülern anzusprechen – „sonst glaubt ihr, ich bin aus dem rechten Eck“. Oder dass ein älteres Ehepaar aus Vorarlberg meinte, als Grüner dürfe man kein Auto haben. Ihren Ehemann hat Gewessler übrigens am „ungrünsten“ Ort der Welt kennengelernt: im Flugzeug, wie sie erzählt.

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Ihren Vorgänger Kogler zitiert sie mit dem Sager: „Wir Grünen sind nicht die besseren Menschen“, und ergänzt: „Sondern die, die feiern: jeden Flug, der nicht abhebt; jeden Kilometer, der nicht auf der Autobahn, sondern mit der Bahn gefahren wird; ohne jene zu shamen (anzuprangern, Anm.), die aufs Auto angewiesen sind.“

Die inhaltlichen Linien fasst Gewessler knackig zusammen: Bei der Energie müsse weiterhin die Unabhängigkeit von russischem Gas das Ziel sein, bei der Bildung müsse man auf die vorhin erwähnte Lehrerin hören, in der Frauenpolitik sei die Botschaft: „Wir halten euch den Rücken frei“, und Klimapolitik müsse „im Wohnzimmer funktionieren“. Unter ihrer Führung soll der grüne Klub im Parlament eine „konstruktive Opposition“ sein, „aber wenn’s ein Blödsinn ist, werden wir dagegenhalten“, sagt Gewessler.

Widerstandslos

Völlig widerstandslos wurde dann sie selbst zur Parteichefin gewählt. Gegenkandidaten gab es nicht, und die Fragerunde, in der sich ein Bewerber üblicherweise den kritischen Fragen der Delegierten stellt, wurde für Wortmeldungen genutzt, warum die Grünen so wichtig seien und es sie geben müsse.

Das Ergebnis: 96,76 Prozent (239 von 247 gültigen Stimmen) für Gewessler. In den Vorstand gewählt wurden u. a. der oberösterreichische Landessprecher Stefan Kaineder, Ex-Justizministerin Alma Zadić, der Wiener Peter Kraus und die Niederösterreicherin Helga Krismer.

Alt-Parteichef Kogler wurde mit einem Video-Rückblick geehrt und darin die Geschichte erzählt, wie er die Grünen, als sie 2017 in Trümmern lagen, wieder aufgebaut und in die Regierung katapultiert …read more

Source:: Kurier.at – Politik

      

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