IGGÖ-Präsident: „Antisemitismus kann nicht religiös begründet sein“

Politik

Ümit Vural über die Kritik der NÖ-VP, den Nahost-Konflikt und die Ängste vor einer „Islamisierung“.

KURIER: Die NÖ-Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner hat zuletzt vor dem Hintergrund der Ereignisse im Nahen Osten „von offizieller muslimischer Seite nicht nur klare Worte der Abgrenzung und Ablehnung, sondern auch aktive Überzeugungsarbeit in den Moscheen und Schulen“ gefordert. Sie haben sich gegen einen „Generalverdacht“ gegen Muslime verwahrt. Aber verstehen Sie die Sorge, die in den Äußerungen von Mikl-Leitner zum Ausdruck kommt?

Ümit Vural: Ich verstehe die Sorge, die teilen wir alle. Aber was ist denn die Aufgabe einer Religionsgesellschaft? Wir haben als Glaubensgemeinschaft diesen Angriff verurteilt, wir sind seitdem Tag für Tag bemüht, in unserem Einflussbereich auf Besonnenheit und Beruhigung hinzuwirken. Wir waren am ersten Schultag nach dem Angriff bereits mit einer Handreichung in den Schulen, um unsere Religionslehrer auf den Schulalltag vorzubereiten; wir sind im engen Austausch mit Vertretern aus Politik, Religionen, der Zivilgesellschaft, um zur Deeskalation aufzurufen. Nach all diesen Bemühungen waren die Aussagen Mikl-Leitners für mich unerwartet. Wir wollen nicht Teil einer politischen Auseinandersetzung sein – wir sind eine Religionsgemeinschaft.

Der VP-NÖ-Geschäftsführer Matthias Zauner hat gemeint, es sei „nun aber einmal wissenschaftlich belegt, dass sich unter Zuwanderern aus muslimisch geprägten Ländern besonders viele Holocaust-Verharmloser befinden und muslimische Jugendgruppen eine problematische Einstellung zu unseren westlichen Werten haben“. Ist das völlig falsch?

Ich bin dazu da, um Dinge, die religiös begründet sind, richtig zu stellen. Was Sie hier zitieren, ist nicht religiös begründet. Wir legen seit Jahren auf Aufklärungsarbeit wert, auf die Fortbildung unserer Imame und Religionslehrer. Wir arbeiten zum Teil auch mit der IKG zusammen – etwa die gemeinsame Reise nach Auschwitz im letzten Mai, die sehr beeindruckend war.

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Aber wenn das stimmt, was Zauner sagt, dann hätte das schon etwas mit Religion zu tun …

Nein, da geht es um die Migrationsbiographie – das sind Menschen, die in einem sozialen Umfeld leben, wo Dinge begrifflich vermischt werden und historisch anders eingestuft werden. Ich leugne nicht, dass es problematische Einstellungen gibt und dass man sich dessen annehmen muss.

Aber glauben Sie, dass diese problematischen Einstellungen unter Muslimen verhältnismäßig häufiger vorkommen als bei anderen Bevölkerungsgruppen?

Dazu habe ich keine wissenschaftliche Expertise. Aber meine feste Überzeugung ist: es braucht Aufklärung – gerade auch in den Schulen, Gespräche, Begegnungen. Klar ist: Antisemitismus, Judenfeindlichkeit kann nicht religiös begründet sein – viele Gemeinsamkeiten verbinden unsere beiden Religionen.

APA/HELMUT FOHRINGER

„Das Leben aller Menschen hat sich geändert, vor allem das unserer jüdischen Mitbürger, bei denen dunkle Erinnerungen wachgerufen werden.“ Vural auf die Frage, ob sich das Leben für Muslime seit dem 7. Oktober geändert habe.

Sie haben in Ihrer Replik auf Mikl-Leitner auch auf deren Koalitionspartner, die FPÖ, verwiesen und vom Bündnis mit einer Partei gesprochen, „die in der Vergangenheit mehrfach durch antisemitische Äußerungen und Handlungen aufgefallen ist“. Ist das sinnvoll, verschiedene Arten von Antisemitismus gegeneinander aufzurechnen?

Nein, überhaupt nicht. Es ging mir nur darum, dass sich jeder seiner Arbeit widmen soll. Wir kommen unserer als Religionsgemeinschaft nach und betonen, dass Antisemitismus nicht mit Religion vereinbar ist. Was aber Integration betrifft, …read more

Source:: Kurier.at – Politik

      

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