Die ÖVP hat eine Berechnung zur Gegenfinanzierung ihres Wahlprogramms vorgelegt. Die Agenda Austria ortet grobe Mängel.
Eigentlich muss Österreich sparen. Und zwar zumindest zwei Milliarden Euro jährlich, wenn man das EU-Maastricht-Defizit von 3 % des BIP einhalten will. Die Wahlprogramme der Parteien spiegeln das nicht wider.
Die SPÖ verspricht einen massiven Ausbau des Sozialstaats, ÖVP, FPÖ oder Neos Steuersenkungen. Die ÖVP hat nun immerhin eine Rechnung zur Gegenfinanzierung vorgelegt. Aber ist diese auch seriös?
ÖVP: Vieles „vage“, ein Punkt „machbar“
Bundeskanzler Karl Nehammer will Steuern und Abgaben deutlich reduzieren und „Leistung“ belohnen. Laut diversen Schätzungen würde das türkise Wirtschaftsprogramm mehr als 13 Milliarden Euro jährlich kosten. Am Sonntag präsentierte die ÖVP, wie sie 14,5 Milliarden sparen und ihre Ideen gegenfinanzieren möchte.
Ökonom Dénes Kucsera vom wirtschaftsliberalen Thinktank Agenda Austria hat die Punkte analysiert. Sein Fazit: „Ich würde sagen, hier regiert das Prinzip Hoffnung.“ Aber wo hakt es im Detail?
Budgetprozess: Die ÖVP empfiehlt der nächsten Regierung ein „Zero-Based-Budgeting“: Bei der Erstellung des nächsten Budgets soll jeder Posten neu verhandelt werden. Weiters setzt man auf bessere „Ausgabenchecks“. Das soll pro Jahr 3,5 Milliarden Euro bringen. „Der Punkt ist sehr vage formuliert und ich kann mir kaum vorstellen, dass nur durch das neue Aushandeln des Budgets so viel eingespart werden kann“, sagt Kucsera. Mit Löhnen oder Pensionen sei der Großteil der Ausgaben zudem ohnehin festgelegt.
Förderungen: 37 Milliarden Euro oder 8,3 Prozent des BIP flossen laut Budgetdienst 2022 in Förderungen. Der EU-Durchschnitt liegt bei 6,7 %. Dieses Niveau will die ÖVP wieder erreichen und 3,5 Milliarden freischaufeln. Weitere 500 Millionen sollen „auslaufende Krisenmaßnahmen“ generieren. „Wenn der Wille da ist, sollte dieser Punkt am ehesten machbar sein“, sagt Kucsera. „Vor der Pandemie lag die Förderquote in Österreich bei fünf Prozent, die Krisenmaßnahmen müsste man konsequent streichen.“ Doch auch hier bleibe die ÖVP zu unkonkret.
Verwaltung: 45 Prozent aller Beamte gehen in den nächsten 13 Jahren in Pension. Die ÖVP will diese nur „bedarfsorientiert“ nachbesetzen. Das soll eine Milliarde jährlich bringen. „Ohne Einstellungsstopp ist dieser Wert schwer realisierbar“, sagt Kucsera. Die Milliarde sei nur mittel- bis langfristig möglich, die Pensionierungen würden nicht auf einen Schlag passieren – und führten wiederum zu höheren Pensionskosten.
Sozialsystem: Die ÖVP will das Arbeitslosengeld bei längerer Bezugsdauer senken, Zuwanderern erst nach fünf Jahren die volle Sozialhilfe auszahlen oder stärker auf Sachleistungen setzen. Sparpotenzial: Zwei Milliarden? Kucsera widerspricht: Um signifikante Einsparungen zu schaffen, müsste man die Notstandshilfe zeitlich begrenzen und die Bildungskarenz abschaffen. Beides plant die ÖVP nicht. Und bei der Mindestsicherung liege das Sparpotenzial jedenfalls deutlich unter einer Milliarde, sagt der Ökonom: „43 Prozent der Bezieher sind Österreicher und auch Sachleistungen kosten etwas.“
Wachstum: Laut ÖVP haben Steuersenkungen einen „Selbstfinanzierungsgrad“ von 40 %. Sie beruft sich dabei auf das Wirtschaftsinstitut Eco Austria und bilanziert für ihr Programm vier Milliarden. Kucsera hält zwei bis 2,5 Milliarden für realistisch: „Die Fachliteratur weist eher eine Selbstfinanzierung unter 20 Prozent aus. Davon ist auch die ÖVP bei früheren Steuerreformen ausgegangen.“
Die anderen sind auch nicht genauer
Die SPÖ hat Zahlen zur Gegenfinanzierung vorgelegt. 12,1 Milliarden an neuen Ausgaben stehen 13,75 Milliarden an Einnahmen gegenüber – …read more
Source:: Kurier.at – Politik