
Migrationskommissar Magnus Brunner soll ähnliche Lager außerhalb der EU anvisieren. Neue Strategie schon in wenigen Wochen
Es ist ein klarer Bruch mit geltendem EU-Recht – und doch für viele EU-Länder die einzige wirklich praktikable Lösung für ein grundlegendes Problem im Umgang mit illegaler Migration. Wohin mit abgelehnten Asylwerbern? Italiens Premierministerin Giorgia Meloni ist mit ihrem Plan, Lager für solche Fälle in Albanien einzurichten, vorgeprescht und ist seither in einen juristischen Stellungskrieg mit Italiens Höchstrichtern verstrickt.
Nun aber wälzt die EU-Kommission und damit Österreichs Migrationskommissar Magnus Brunner ähnliche Pläne, wie der TV-Sender Euronews aus der Kommission erfahren hat.
Der grauenhafte Kindermord im bayerischen Aschaffenburg, verübt durch einen Asylwerber aus Afghanistan, der längst nicht mehr in Deutschland hätte sein dürfen, hat noch einmal verdeutlicht, woran die EU seit vielen Jahren scheitert. Abgelehnte oder sogar kriminelle Asylwerber bleiben als U-Boote in EU-Ländern, schlicht weil es unmöglich ist, sie abzuschieben: Weil sie ihre Herkunftsländer nicht zurücknehmen, weil die Länder, die sie auf ihrer Reise nach Europa durchquert haben, sich ebenso weigern, oder nicht sicher sind, weil die Kapazitäten für Rückschiebungen fehlen. Rund 100.000 Asylwerber in der EU haben in den vergangenen drei Monaten die Aufforderung bekommen, das Gebiet der Union zu verlassen. Tatsächlich ausgereist ist nur ein verschwindender Bruchteil davon.
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Die Abschiebung abgelehnter Asylwerber ist in der EU durch die sogenannte „Rückkehr-Richtlinie“ geregelt. Die aber stammt aus dem Jahr 2008 und ist untauglich, um die Situation unter Kontrolle zu bekommen – vor allem seit der Flüchtlingswelle 2015. Menschen aus Ländern wie Syrien, Afghanistan, oder Algerien werden bisher nur in Einzelfällen in ihre Heimatländer zurückgebracht.
Die grundlegende Reform dieser Rückkehr-Richtlinie ist das erste Riesenprojekt für Magnus Brunner. Sein Entwurf der neuen Richtlinie soll Ende Februar vorgelegt werden. Neben dem – nach vier Jahren politischem Tauziehen – im Vorjahr verabschiedeten Asyl- und Migrationspakt ist sie die zweite Säule für eines der zentralen Vorhaben der EU: Eine Lösung für die inzwischen chronische Migrationskrise, die in Europa einer Partei nach der anderen vom rechten Rand der Politik zu Wahlerfolgen verhilft.
Schon bei seiner Vorstellungsrunde vor dem EU-Parlament im Herbst hat Brunner die geplanten italienischen Lager in Albanien durchaus positiv bewertet. Er sprach von „neuen Ideen“, die man offen und ohne Vorbehalte diskutieren müssen. Allerdings könne es solche Lösungen nur auf der Grundlage geltenden EU-Rechts geben. In den jetzt bekannt gewordenen Strategiepapieren plädiert der Kommissar klar für „strengere Regeln bei der Festnahme“ von abgelehnten Asylwerbern und „der Möglichkeit für die Entwicklung von Rückkehr-Zentren“. Pläne also, die sich Italiens Lager eindeutig zum Vorbild nehmen. Dafür aber muss das EU-Recht reformiert werden. Ein langwieriger und politisch heikler Prozess, der die EU-Staaten erneut spalten könnte. Denn während sich etwa Österreich klar für solche Pläne ausspricht, sind etwa Spanien oder Irland dagegen.
Source:: Kurier.at – Politik