Macron macht es wie Orbán: Er will Haftbefehl gegen Netanjahu ignorieren

Politik

Die plötzliche Kehrtwende dürfte Israels Bedingung für die Waffenruhe im Libanon gewesen sein. Nun hagelt es Kritik

Bei Viktor Orbán hat es kaum wen überrascht, als er sich hinter Benjamin Netanjahu stellte. Bei Emmanuel Macron schon eher: Nur einen Tag, nachdem Paris erklärt hatte, dass man Israels Premier aufgrund des Haftbefehls des Internationalen Strafgerichtshofs „natürlich“ verhaften würde, wenn er französischen Boden beträte, kam die Kehrtwende. Netanjahu verhaften, nein, das gehe nicht, hieß es plötzlich – schließlich erkenne Israel das Weltstrafgericht in Den Haag nicht an. Der Premier genieße damit Immunität.

Das ist mehr als bemerkenswert, denn anders als Orbán ist Macron kein politischer Freund Netanjahus. Erst unlängst kritisierte er den israelischen Premier mit den Worten, er würde „Barbarei säen“; bei einer Waffenkonferenz in Paris waren kürzlich israelische Firmen ausdrücklich nicht eingeladen. Hintergrund der Kehrtwende dürften deshalb weniger juristische Bedenken als ein politischer Deal sein – eine Gegenleistung zu Frankreichs Beteiligung bei der Waffenruhe-Verhandlung im Libanon, die kürzlich in Kraft trat.

Breitseite für Den Haag

Macron hatte sich bei dieser eingemischt, zum Missfallen Netanjahus. Frankreich hat als alte Kolonialmacht des Libanon – das Land stand zwischen 1920 und 1943 unter französischem Mandat – beste Kontakte zu allen Akteuren, inklusive der Schiitenmiliz Hisbollah. In Israel nahm man das als Parteinahme wahr, unterstellte den Franzosen gar, Gespräche abseits des Sonderverhandlers Amos Hochstein zu führen.

Nun hat Frankreich den Waffenstillstand nicht nur mitverhandelt, sondern überwacht ihn auch. Dass Paris Netanjahu dafür einen Freifahrtschein ausstellt, um in die EU zu reisen, ist damit nicht nur ein Sieg für ihn, sondern auch eine Breitseite für Den Haag. Amnesty International nannte das „äußerst problematisch“, Human Rights Watch sprach von „schockierendem Unsinn aus Frankreich“.

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Dazu kommt, dass das Gericht ohnehin seit seiner Gründung stets Spielball politischer Interessen ist. Bei seiner Gründung 2002 noch bejubelt, wandten sich mit den Jahren viele Länder im globalen Süden von ihm ab. Wegen vieler Anklagen gegen afrikanische Potentaten nannten ihn viele ein „neokoloniales Instrument des Westens“; seit der Anklageerhebung gegen Wladimir Putin hat sich diese Kluft nochmals verschärft. Dessen politisches Gewicht ist so groß, dass einige Länder, die den Gerichtshof anerkennen, ihm den roten Teppich ausrollten statt ihn abführen zu lassen. In der Mongolei etwa wurde er mit großen Ehren empfangen, auch Südafrika und Ungarn gaben lautstark bekannt, ihn im Fall des Falles nicht festnehmen lassen zu wollen.

Auch Netanjahus Reisefreiheit ist nur bedingt eingeschränkt. Während Österreich ihn jedenfalls festnehmen würde, überlegt Deutschland noch – die Regierung prüft das mit Verweis auf die „historische Verantwortung Deutschlands gegenüber Israel.“ In die USA dürfte er ohnehin reisen, denn die haben das Gericht nie anerkannt, aus Angst vor der Strafverfolgung eigener Akteure. Und Trump könnte den Spieß sogar umdrehen: Schon 2020, als wegen Kriegsverbrechen in Afghanistan ermittelt wurde, ließ er Richter und Mitarbeiter in Den Haag sanktionieren. Darauf hofft man in Jerusalem nun auch wieder.

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Source:: Kurier.at – Politik

      

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