Mexikos umstrittene Richterwahl: 7.700 Kandidaten zur Auswahl

Politik
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Wer am Sonntag in Mexiko die Wahlkabine betrat, musste gut vorbereitet sein. Das Wahlkuvert enthielt einen Stapel von neun Wahlzetteln, auf denen mehr als 7.700 Kandidaten zur Auswahl standen. Kein Wunder, schließlich wurden nicht politische Ämter, sondern alle Richterposten im Land neu besetzt, vom Obersten Gerichtshof bis zum Bezirksgericht. Eine Weltpremiere in einem demokratischen Land – für die es aus dem In- und Ausland viel Kritik gab.

Präsidentin Claudia Sheinbaum bewarb die Wahl mit ihrer Morena-Partei als Möglichkeit, Mexikos Justiz von Korruption und dem Einfluss reicher Drogenkartelle zu befreien. Die Reform war eines von Sheinbaums zentralen Wahlversprechen im Vorjahr. Umfragen zufolge begrüßen zwei Drittel aller Mexikaner die Richterwahl.

APA/AFP/RODRIGO OROPEZA

Mexikos Präsidentin Claudia Sheinbaum bei der Stimmabgabe.

Kritiker befürchten Übernahme der Justiz

Dabei ist die das politische Vermächtnis von Sheinbaums Vorgänger Andrés Manuel Lopez Obrador. Der Linkspopulist hatte sich in seiner zweiten Amtszeit einen ständigen Machtkampf mit dem Obersten Gerichtshof geliefert, der etliche seiner Vorhaben blockiert hatte – unter anderem dessen Versuche, die Wahlbehörde zu schwächen. Zum Ende seiner zweiten Amtszeit brachte er deshalb die Justizreform auf den Weg.

Oppositionelle sowie Rechtsexperten befürchten deshalb, dass die Reform dazu dient, die Justiz als dritte Gewalt im Staat unter den Einfluss der Morena-Partei zu stellen. Richter würden künftig nicht mehr anhand ihrer Qualifikation, sondern ihrer Bekanntheit ausgewählt. 

Die Wahl sei außerdem absichtlich komplex gestaltet, was die Wahlbeteiligung niedrig halten und das Ergebnis leichter beeinflussbar machen würde. Tatsächlich lag die Wahlbeteiligung am Sonntag bei gerade einmal 13 Prozent.

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EPA/FRANCISCO GUASCO

Demonstranten tragen symbolisch Mexikos Justiz zu Grabe.

Wahlkampffinanzierung verboten

Zwar bot die nationale Wahlbehörde auf ihrer Webseite einen Simulator an, auf dem man vorab üben und kurze Steckbriefe zu allen Kandidaten lesen konnte. Alleine für das Höchstgericht kandidierten jedoch 64 Personen für neun Richterposten – würde man für jeden ihrer Steckbriefe eine Minute Lesezeit einberechnen, käme man bereits auf mehr als eine Stunde. Und das war der kleinste Wahlzettel, insgesamt waren mehr als 2.600 Stellen zu besetzen.

Viel Kritik gab es außerdem an der Regelung, dass Richterkandidaten kein Geld für Wahlkampfwerbung ausgeben durften, auch im Fernsehen und in den sozialen Medien nicht. Das führte dazu, dass viele Kandidaten versuchten, mit skurrilen Inhalten viral zu gehen, die nichts mit ihrer Qualifikation zu tun hatten. 

Ein Jurist, der sich für einen Höchstrichterposten bewarb, versuchte etwa, auf Dating-Plattformen mit potenziellen Wählern in Kontakt zu treten.

Hausbesuche von Parteimitarbeitern – und Kartellen?

Das Verbot von Wahlwerbung ermöglichte politischen Parteien, ihre Kandidaten auf anderem Wege bekannt zu machen. So berichten etliche Medien von Mitarbeitern der Morena-Partei, die bei Hausbesuchen Spickzettel mit den Nummern der von ihnen unterstützten Richter verteilten.

Am Sonntag schickten die New York Times drei Reporterteams in unterschiedliche mexikanische Bundesstaaten, überall gaben Wähler offen zu, solche Zettel angenommen zu haben. „Sie haben uns genau erklärt, wie das ablaufen soll“, wird eine Frau zitiert, die den Schritt begrüßt: „Ich bin immer für Morena.“

In den USA sowie bei der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch sind die Befürchtungen groß, dass nicht nur politische Parteien die Richterwahl auf diese Art beeinflussen konnten. In einigen mexikanischen Bundesstaaten ist die Macht der Drogenkartelle noch immer groß – …read more

Source:: Kurier.at – Politik

      

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