
Unterstützer fragen sich, was mit den Spendengelder passierte. Endgültige Klarheit wird erst der Rechnungshof bringen.
Ein gewisses Aufatmen soll dem Vernehmen nach am Montag in der Parteizentrale der SPÖ Wien spürbar gewesen sein, als bekannt wurde, dass die Bierpartei nicht bei der Wien-Wahl am 27. April antritt und überhaupt die Arbeit als klassische politische Partei einstellt.
Wurde doch dem im urban-liberalen Milieu verorteten Polit-Start-Up rund um den Arzt und Rockmusiker Dominik Wlazny (Künstlername Marco Pogo) trotz des Fehlschlags bei der Nationalratswahl auf Wiener Ebene ein gewisses Potenzial zugeschrieben. Umfragen hatten der Partei bis zuletzt um die drei Prozent vorausgesagt. Das würde zwar nicht für den Einzug in den Gemeinderat reichen, von den nun heimatlos gewordenen Wählern könnte aber doch die eine oder andere Stimme zur SPÖ wandern – und ihr zum Sprung über die symbolisch wichtige 40-Prozent-Marke verhelfen.
Freilich: Bei der Bundespräsidenten-Wahl 2022 schaffte Wlazny in Wien noch den beachtlichen zweiten Platz. Zwar deutlich hinter Amtsinhaber Alexander Van der Bellen, aber knapp vor FPÖ-Kandidat Walter Rosenkranz. Bundesweit landete er auf Platz drei (8,3%). Was die Hoffnung nährte, in den Nationalrat einziehen zu können.
Dabei hatte der stets in schwarzer Rockerkluft gekleidete Wlazny die Bierpartei 2015 noch als Spaßprojekt gegründet, das in Wahlkämpfen mit Forderungen wie Bierbrunnen für jeden Bezirk auffiel. Das sollte immerhin reichen, um bei der Wien-Wahl 2020 in elf Bezirksvertretungen einzuziehen. Wlazny selbst wurde Bezirksrat in Simmering.
APA/GEORG HOCHMUTH / GEORG HOCHMUTH
Selbst Zeitungen in Lateinamerika berichteten über die „partido de la cerveza“.
Ernüchternder Wahlkampf
Der Rollenwechsel ins ernsthafte politische Fach sollte aber nicht gelingen: Im Nationalratswahlkampf 2024 irritiere Wlazny damit, dass er Medien so gut als möglich aus dem Weg ging. Bei seinen raren Interviews offenbarte der 38-Jährige erhebliche Unsicherheiten und inhaltliche Blößen. Die logische Konsequenz: Wurde der Bierpartei zu Beginn des Wahlkampfs noch realistische Chancen eingeräumt, in den Nationalrat einzuziehen, reichte es am Wahlabend letztlich nur für zwei Prozent.
Die Geldflüsse an die Bierpartei
Nicht wenige Sympathisanten fühlen sich nun von der Bierpartei verschaukelt, flossen doch in das letztlich überschaubar ambitionierte Projekt beträchtliche Geldsummen. Etwa nach der Wahl 311.000 Euro an Parteienförderungen.
Weit höher dürften aber die Einnahmen sein, die bereits zuvor über eifrig beworbene Parteimitgliedschaften und Spenden hereinkamen. Ende April hatte Wlazny angegeben, 55 Prozent des über diese Schiene angepeilte Wahlkampf-Finanzierungsziels von 1,2 Millionen Euro erreicht zu haben. Was also rund 600.000 Euro bedeuten würde. Genaue Angaben macht die Partei auf Anfrage dazu nicht.
Bleibt die Frage, was mit all diesen Geldern passiert ist, zumal die Bierpartei einen nicht gerade kostenintensiven Wahlkampf geführt hat. Laut Partei sei das „gesamte Budget“ unter anderem in den Aufbau der Partei, Kundgebungen und Medienarbeit geflossen.
Klarheit über Finanzgebarung die Bierpartei werde erst dann herrschen, wenn die Rechenschaftsberichte vorliegen, die die Partei beim Rechnungshof einbringen muss, sagt der Politologe Hubert Sickinger zum KURIER. Spannend sei die Frage, was mit den allfällig noch vorhandenen Geldern passiert, sollte sich die Partei auflösen. In der Satzung der Bierpartei finden sich keine Hinweise darauf.
Dass die ganze Wahlkampagne dazu diente, an Mitglieds- und Spendengelder zu kommen, glaubt der Experte nicht. Nicht zu unterschätzen sei aber der Werbewert …read more
Source:: Kurier.at – Politik