„Nicht meine Kultur“: Spanien diskutiert über Stierkampf-Verbot

Politik
Magdalena Fair bullfight in Castellon

Die Blaskapelle kündigt den Einritt des Picadors, des Kämpfers, an. Er steuert sein Pferd majestätisch über den sandigen Platz der Arena. Die Augen des Tieres sind verbunden, damit es den Schrecken nicht sieht, seine Flanken gepolstert, zum Schutz vor dem Stier, der sofort attackiert. Die leicht nach innen gebogenen Hörner rammen das Pferd in die Seite und der Picador rammt seinen Speer in den Rücken des Stieres. Doch er trifft nicht gut. Die Menge ist unzufrieden. „Setz dir eine Brille auf!“ tönt es aus der ersten Reihe. 

EPA/ANDREU ESTEBAN

Spanischer Stierkampf

Jubel gebührt dem blutenden Stier. Schnell lernt er, die Bewegungen des Kämpfers zu antizipieren, der vor ihm herumtänzelt. Er stößt den Mann im gelb-pinken Kostüm um. Nur das Ablenkungsmanöver mehrerer Stierkämpfer hält ihn davon ab, seinen Gegner auf die Hörner zu nehmen. Und trotzdem ist es das Tier, das nach einer halben Stunde sterben muss. Durch ein Schwert, das der Mensch ihm in den Rücken schiebt und durch einen Gnadenstoß, der dem Ausführenden allerdings erst beim dritten Versuch gelingt.

Stierkampfsaison

Es ist Stierkampfsaison in Spanien. Ende April fand in San Augustín de Gaudalix nördlich von Madrid die „Fería del Aficionado“ statt. Zwei Tage Stierkampf, 16 Stiere, eine Art Festival für die Fans. Wie Pascal Nodenot. Er ist aus Frankreich angereist, aus Vic-Fezensac, wo Stierkämpfe ebenfalls erlaubt sind. Über 500 Stierfreunde aus dem Nachbarland werden erwartet, ein Fünftel der Arena. Die Fería sei etwas Besonderes, weil es hier nicht um Show gehe. 

  Das Doppelbudget: Zwischen Ziegel, Zahlen und Zuversicht?

Tatsächlich orientiere man sich für die Stierkämpfe an Frankreich, sagt der 23-jährige Andrés Sanchez von der Veranstalterorganisation „3 Puyazos“. Diese bemängelt, dass in den großen spanischen Arenen immer wieder dieselben Kämpfer auftreten, sich einfache Stiere aussuchen und deren Hörner abstumpfen lassen. Stierzucht und Fleischverarbeitung sei bei einer kleinen Gruppe mächtiger Unternehmen konzentriert. In San Augustín gehe es um den „fairen“ Kampf, zwischen Mensch und Tier. Nicht um sinnloses Töten.

Maren Häußermann

Andrés Sanchez von der Veranstalterorganisation „3 Puyazos“

Teilweise bereits verboten 

Aber auch in Spanien ist der Stierkampf umstritten. Laut jüngsten Umfragen sehen sich 78 Prozent nicht als „Aficionados“. 48 Prozent der Befragten finden, dass Stierkampf nicht länger als kulturelles Erbe geschützt werden soll. In Katalonien und auf den Kanaren ist er bereits verboten. Gegen Abend finden sich Demonstrierende vor der Arena ein. 

Die Organisation „No Es Mi Cultura“ (Nicht meine Kultur) will, dass der Stierkampf seinen Kulturschutz-Status verliert und die Regionen und Rathäuser die Spektakel verbieten können. Mit einer Petition hat sie über eine halbe Million Unterschriften gesammelt. Innerhalb von sechs Monaten müssen nun die Politiker auf nationaler Ebene darüber abstimmen. Offen ist noch, wie die regierenden Sozialdemokraten wählen.

Wenn es auf den Rängen still wird, um den Stier nicht abzulenken, wehen die Rufe aus den Megafonen herüber, oder Jubel aus dem angrenzenden Fußballstadion. Gegenwart und Vergangenheit liegen an diesem Wochenende nur ein paar Meter voneinander entfernt. Bücher und Kunstwerke werden in und vor der Arena präsentiert. 

Es ist die Geschichte, die es über fünfzig Prozent der in der Umfrage Befragten so schwer macht, den Schutzstatus für den Stierkampf aufzuheben, obwohl sie selbst nichts davon halten. „Stierkampf gehört einfach zu …read more

Source:: Kurier.at – Politik

      

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