Der Politikberater und SPÖ-Insider Josef Kalina über die Ausgangslage einer künftigen türkis-rot-pinken Regierung, die Steiermark-Wahl und das Vorhaben von Rudolf Fußi.
Für Josef Kalina, Chef des Beratungsunternehmens Unique Relations und ehemaliger SPÖ-Bundesgeschäftsführer, hat eine Koalition aus drei Parteien eine Chance, wenn sie der Bevölkerung angesichts der wirtschaftlichen Probleme reinen Wein einschenkt. Aufgrund der wirtschaftlichen Situation sollten sich ÖVP, SPÖ und Neos „als das bezeichnen, was sie sind: eine Sanierungskoalition“.
KURIER: Herr Kalina, hat es Sie überrascht, dass ÖVP, SPÖ und Neos sich gefunden haben, um eine Regierung zu bilden? Ist das nur aus dem Druck heraus passiert, eine Anti-Kickl-Koalition zu bilden?
Josef Kalina: Es überrascht mich nicht. Und ich würde auch nicht von einer Anti-Kickl-Koalition sprechen. Ich glaube, da brauen sich die Freiheitlichen wieder einmal selbst so eine Art Opfermythos zusammen. Gerade in diesem Wahlkampf haben die Parteien ganz klar den Wählerinnen und Wählern gesagt, sie wollen nicht mit Herbert Kickl zusammenarbeiten. Deswegen sind diese Regierungsverhandlungen für mich keine Überraschung.
„Das Beste aus drei Welten“ auf einen Nenner zu bringen, ist aber ein schwieriges Unterfangen. Eines hat sich bereits geändert: SPÖ und Neos haben sich bezüglich des Budgetdefizits bei der Kritik an der ÖVP zurückgehalten.
Das halte ich für schlau. Es geht ja jetzt nicht darum, Schuldige für die Vergangenheit festzumachen, sondern darum, wie mit der Situation umgegangen wird. Die Bürger haben sich ohnehin bereits ein Bild gemacht, wer für das wirtschaftspolitische Debakel verantwortlich ist. Es ist ja klar, dass es ein wirtschaftspolitisches Versagen der Volkspartei war. Das kann man nicht den Grünen in die Schuhe schieben.
Was raten Sie den drei Parteien? Wie sollen sie jetzt damit umgehen?
Aufgrund dieser Fakten sollten sie sich als das bezeichnen, was sie sind: eine Sanierungskoalition. Es wird Blut, Schweiß und Tränen geben. Sie werden nichts zum Verteilen haben.
Mit Ihrem Institut fangen Sie immer wieder die Stimmung der Bevölkerung ein. Wie ist die seit der Ankündigung, dass ÖVP, SPÖ und Neos eine Koalition bilden wollen?
Das können wir derzeit nicht sagen, weil wir keine aktuellen Resultate haben. Klar ist, dass durch das Manöver, Herbert Kickl nicht mit der Regierungsbildung zu beauftragen, die Möglichkeit gegeben wurde, die Geschichte der Ausgrenzung zu erzählen. Das war ein taktischer Fehler des Herrn Bundespräsidenten. Ansonsten glaube ich, dass eine Regierung aus diesen drei Parteien, wenn sie es gut macht und der Bevölkerung reinen Wein einschenkt, die Chance auf eine positive Stimmung hat.
Vor wenigen Wochen hätte man allerdings nicht gedacht, dass ÖVP und SPÖ überhaupt zusammenfinden können. Der Kanzler sprach von Sanierung über Wachstum, Andreas Babler eher von Vermögens- und Erbschaftssteuern.
Ehrlich gesagt, das mit der Kanzler-Ansage, den Kuchen größer zu machen, das glaubt in der Industrie niemand. Mit welchem Mehl macht man den Kuchen größer, wenn keine Milch da ist? Andererseits hat es auch in der Sozialdemokratie innerparteilich am zugespitzten Wahlprogramm Kritik gegeben. Die Hälfte der Österreicherinnen und Österreicher wohnt in einem Einfamilienhaus oder in einer Eigentumswohnung. Die haben keine Freude mit einer Erbschaftssteuer.
SPÖ-Bundesparteivorsitzender Andreas Babler wird das seinem engeren Kreis, der ja diese linken Ideen vertritt, klar machen müssen. Und der ist nicht so klein.
Der Punkt …read more
Source:: Kurier.at – Politik