Das entscheidende TV-Duell im US-Wahlkampf: Die Vizepräsidentschaftskandidaten Vance und Walz stehen vor einem Showdown, der die Wahl mitentscheiden kann.
Aus der vorläufig letzten Stellvertreter-Debatte in Amerika – Kamala Harris gegen Mike Pence im Herbst 2020 – ist bis auf eine Begegnung mit der Tierwelt kaum etwas haften geblieben. Eine Stubenfliege hatte sich damals während der Live-Übertragung auf der schlohweißen Haarpracht des Donald Trump-Getreuen niedergelassen.
Ob J.D. Vance und Tim Walz da mithalten können?
Mit der Suche nach Gemeinsamkeiten zwischen den Vize-Präsidentschaftskandidaten ist man schnell fertig. Beide kommen aus ländlichen Regionen des Eliten-fernen Mittleren Westens. Beide sind weiß. Beide haben Familie und Kinder. Und beide haben das „Sprite”-ähnliche „Mountain Dew” (die zuckerärmere Version) zu ihrem bevorzugten Soft-Drink erklärt.
Abgesehen davon sind Walz, Gouverneur des Bundesstaates Minnesota, und Vance, erst seit knapp zwei Jahren Senator in Washington, so verschieden wie Tag und Nacht.
Beide setzen auf Volksnähe – mit unterschiedlichem Erfolg
Vance studierte an der Elite-Universität Yale und arbeitete einige Jahre als Finanzinvestor. Trotzdem versucht er sich als Mann des Volkes zu geben – oftmals vergeblich.
So ging etwa ein Video viral, in dem Vance bei einem Wahlkampf-Besuch größte Probleme hatte, eine Konversation mit Mitarbeitern einer Donut-Bäckerei aufrecht zu halten. Unter anderem antwortet er darin auf die Frage, was er gerne hätte: „Was auch immer am meisten Sinn macht.“
Der gelernte Lehrer und Football-Coach Walz repräsentiert dagegen Umfragen zufolge einen Typus, mit dem abends viele US-Bürger anstandslos einen Drink an der Bar nehmen und über Gott und die Welt reden würden.
Walz hat zudem die in diesem Wahlkampf am häufigsten benutze Vokabel links der Mitte geprägt: „weird”, was so viel wie „merkwürdig“ oder „seltsam“ bedeutet.
Der Kontrast markiert den wohl wichtigsten Grund, warum Vance mit deutlich schlechteren Beliebtheitswerten am Dienstagabend in New York (drei Uhr morgens in Europa am Mittwoch) beim Sender CBS in den 90-minütigen Schlagabtausch geht. Ob Walz aus dem Startvorteil Kapital schlagen wird, ist noch offen.
Rahmenbedingungen der Debatte: Beide Mikrofone bleiben an
Für beide ist es eine Premiere. Für beide steht wegen des Kopf-an-Kopf-Rennens von Harris und Trump in den Umfragen viel auf dem Spiel. Auch weil es, wenn Trump es sich nicht doch noch anders überlegt, die letzte Top-Debatte vor der Wahl am 5. November sein wird.
Im Kern steht die Frage: Wer hat den effektiveren Botschafter für die heiß umworbenen Mittelschichts-Wähler/-innen in den umkämpften Rostgürtel-Staaten Michigan, Wisconsin und Pennsylvania ausgewählt?
Die Männer-Runde, der kein Studio-Publikum applaudieren wird, steht unter weiblichem Management. Norah O`Donnell und Margaret Brennan gehören zu den besten TV-Journalistinnen in den USA. Anders als zuletzt bei Trump/Harris bleiben die Mikrofone beider Duellanten durchwegs scharf gestellt. Zwischenrufe sind also vorprogrammiert.
Vances frühere Trump-Kritik dürfte viel Raum einnehmen
Vance wird sich darauf gefasst machen müssen, auf frühere Aussagen angesprochen zu werden. 2016 hatte er seinen heutigen Boss Donald Trump als „kulturelles Heroin” und „Amerikas Hitler” verbellt.
Noch 2020, so haben an die Washington Post durchgesickerte SMS gezeigt, ging Vance mit Trump hart ins Gericht und prophezeite dessen Abwahl: „Er hat es einfach nicht geschafft, seinen Wirtschaftspopulismus umzusetzen.”
Die radikale Wende zum loyalen Getreuen, der den Ex-Präsidenten gegen jede Attacke in Schutz nimmt, wird ihm …read more
Source:: Kurier.at – Politik