
Nach einem Massaker im Westen des Landes gelingt Syriens Übergangsregierung eine wichtige Einigung mit der kurdischen Miliz SDF. Hält sie, rückt das Land Frieden endlich ein Stück näher
Nur wenige Tage nach den jüngsten Meldungen von Massakern an der syrischen Küstenregion lässt die neue Fürhung in Damaskus mit einer überraschenden Meldung aufhorchen: Die kurdisch geführten Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) einigen sich mit den neuen Machthabern des Landes auf eine vollständige Eingliederung in die staatlichen Institutionen. Laut der Nachrichtenagentur Sana wurde das Abkommen von Übergangspräsident Ahmed al-Scharaa und SDF-Oberkommandeur Maslum Abdi unterzeichnet.
Drei Monate nach dem Sturz des langjährigen Diktators Assad stellt diese Einigung mit dem von Kurden geführten Militärbündnis SDF im Nordosten einen extrem wichtigen Schritt im Bemühen der islamistischen Übergangsregierung dar, das vom Bürgerkrieg zerrissene Land wieder zu vereinen. Mit dem Abkommen geben die Kurden ihre bisherige Rolle als eine eigenständige militärische und administrative Macht in Syrien auf.
Die kurdisch geführte Miliz ist seit Jahren der wichtigste Partner der USA im Kampf gegen den Islamischen Staat in Syrien. Während des Bürgerkriegs konnte sie hart umkämpfte Gebietsgewinne verzeichnen, die so weit gingen, dass sie heute im Nordosten Syriens de facto einen Staat verwaltet.
REUTERS/Khalil Ashawi
Jubelfeiern in Damaskus nach der Einigung zwischen Kurden und Übergangsregierung
Die Kurden stellen rund zehn Prozent der Bevölkerung des Landes. Die SDF sorgt auch für die Sicherheit in Gefangenenlagern, in denen Tausende Mitglieder des IS eingesperrt sind. Diese Lager sollen nun auch in die Kontrolle der Zentralregierung übergehen.
Die SDF befindet sich seit Jahren im Konflikt mit von der Türkei unterstützten syrischen bewaffneten Gruppen im Norden Syriens – ein Konflikt, der auch nach dem Sturz von Diktator Assad anhält. Aus der Türkei, einem engen Verbündeten al-Scharaas, gab es zunächst keinen Kommentar.
Erhalten sollen die Kurden nun die volle politische Teilhabe im Land, die Anerkennung der kurdischen Gemeinschaft als Bevölkerungsgruppe mit vollen Staatsbürgerrechten. Die islamistische Übergangsregierung erlangt im Gegenzug die Kontrolle über zivile und militärische Einrichtungen im Nordosten des Landes, darunter die Grenzübergänge zum Irak und zur Türkei, Flughäfen sowie Öl- und Gasfelder. Zudem wurde eine sichere Rückkehr aller Vertriebenen vereinbart.
Militäreinsatz in Syriens Westen offiziell beendet
„Dies ist ein großer, großer Erfolg für die Übergangsregierung, vor allem nach den schrecklichen Ereignissen der vergangenen Tage“, sagte Charles Lister vom Middle East Institute in Washington dem Wall Street Journal. Zuvor hatte die Übergangsregierung nach einer Welle der Gewalt in den Küstengebieten im Westen die Lage dort nach eigener Darstellung wieder unter Kontrolle gebracht.
Die „Militäroperation“ gegen Anhänger des gestürzten Langzeitherrschers Baschar al-Assad sei beendet worden, teilte das Verteidigungsministerium mit. Nach jüngsten Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte kostete das Blutvergießen mehr als 1.500 Menschen das Leben, die meisten davon waren Zivilisten.
Besonders die religiöse Minderheit der Alawiten, der auch Assad angehört, war den Aktivisten zufolge ins Visier geraten. Die in Großbritannien ansässige Beobachtungsstelle berichtete von „Massakern“.
APA/AFP/FATHI AL-MASRI
Syrische Alawiten auf der Flucht in den Libanon
Die Übergangsregierung sah hinter dem heftigen Gewaltausbruch einen Versuch der Assad-Loyalisten, das Land in einen neuen Bürgerkrieg zu stürzen.
Wendepunkt für Syrien?
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Source:: Kurier.at – Politik