
Eine Lösung war schwer überfällig: Mittwochabend wurde bekannt, dass sich die Regierung auf eine Neuregelung bei der Schweinehaltung geeinigt hat. Demnach wird bis 2027 „auf wissenschaftlicher Grundlage“ an einem neuen Mindeststandard gearbeitet, ab 2029 soll es erste Verbesserungen in bestehenden Ställen geben, und ab 2034 endet die Haltung auf Vollspaltenböden – mit einer sachlich begründeten, großzügigen Ausnahmefrist von 16 Jahren für Betriebe, die bis 2022 in Ställen Vollspalten eingebaut haben (also ab 2039).
Die Landwirtschaftsverbände freuen sich über Rechtssicherheit durch die neue Regelung, die Tierschützer sind wütend.
Vollspalten weit verbreitet
Worum geht es: Rund achtzig Prozent der heimischen Schweinemastbetriebe halten die Tiere auf sogenannten Vollspaltenböden – das sind Betonböden mit Schlitzen, durch die Gülle abfließen kann. Der Vorteil daran ist, dass es die Stallreinigung für die Betreiber ungemein erleichtert und sich damit kostengünstig Schweinefleisch produzieren lässt.
Der Nachteil ist, dass nicht nur Tierschützer seit Jahrzehnten kritisieren, dass diese Form der Massentierhaltung nicht artgerecht ist und Verletzungen und Verhaltensstörungen mangels Stroh und Liegeflächen verursacht.
Das Tierschutz-Volksbegehren von 2021 forderte das Ende der Vollspaltenhaltung, es wurde von 416.229 Bürgerinnen und Bürgern unterschrieben. 2022 sah deshalb eine neue gesetzliche Regelung ein Verbot der Vollspaltenböden ab 2040 in ganz Österreich vor.
Doch das Land Burgenland klagte wegen der langen Übergangsfrist – mit Erfolg: Im Dezember 2023 hob der Verfassungsgerichtshof (VfGH) die zu lange Frist als verfassungswidrig auf, da sie einseitig auf Investitionsschutz der Mastbetriebe abstellt und den Tierschutz unverhältnismäßig lange zurückstellt.
Frist läuft bis Ende Mai
Dabei setzte der VfGH eine Deadline: Sollte bis 1. Juni 2025 keine verfassungskonforme Regelung beschlossen sein, gilt automatisch und sofort ein Verbot der Vollspaltenhaltung – und damit ein Aus von 80 Prozent aller Schweinemastbetriebe.
Ein Problem dabei: In Umfragen lehnen die Österreicher Vollspaltenböden mit einer großen Mehrheit ab und plädieren für eine Pflicht für Stroh als Liegefläche.
Dem hält die Landwirtschaftskammer entgegen, dass viel zu wenig Kunden bereit seien, auch mehr Geld für Schweinefleisch zu bezahlen. Wenn österreichische Betriebe unter strengeren Auflagen leiden, so die Argumentation, könnten sie von ausländischer Billigproduktion verdrängt werden, was unterm Strich weder den Tieren (im Ausland) noch den Konsumenten nützt.
Nun ist, wie eingangs erwähnt, eine Neuregelung ausverhandelt. „Endlich wird für Klarheit gesorgt und das Damoklesschwert abgewendet, das unsere Schweinehaltungsbetriebe seit Monaten bedroht. Auch wenn uns der nun am Tisch liegende Kompromiss Schmerzen verursacht, war eine Einigung unumgänglich und überfällig“, so Landwirtschaftskammer-Präsident Josef Moosbrugger. Und: „Manchen Tierhaltungsabschaffungsorganisationen und Vereinen gegen jegliche Tierhaltung werden wir es ohnehin nie recht machen können.“
Nicht erfreut sind die Grünen: „Schon längst hätte man eine tragbare, breit diskutierte und abgestimmte Lösung finden können. Nun legt man, kurz bevor die vom VfGH festgesetzten Fristen schlagend werden, einen Murks vor, der durch viel zu lange Übergangsfristen erst recht wieder angreifbar sein wird und von einem neuen gesetzlichen Mindeststandard ab 2027 ist keine Rede mehr“, sagt Olga Voglauer, Landwirtschaftssprecherin der Grünen.
Kurier / Juerg Christandl
Bio-Landwirtschaft von Simon Humer
Der gewohnt sehr kritische Verein gegen Tierfabriken (VGT) bezeichnete den Entwurf in einer Aussendung indes als „unfassbar“. In der Neufassung fehle der Passus, „dass alle Schweinehaltungen ab 1. 1. 2040 dem neuen Mindeststandard (mit Stroh) zu entsprechen …read more
Source:: Kurier.at – Politik