Warum Franz Schellhorn, Direktor der Agenda Austria, eine rein ausgabenseitige Budgetsanierung für nötig und machbar hält.
FPÖ und ÖVP, die nun über eine Koalition verhandeln, müssten als erste Amtshandlung das Budget sanieren. Beide Parteien würden dabei gerne nur Ausgaben einsparen und auf höhere Steuern verzichten. Ist das realistisch? Was Franz Schellhorn, Direktor des wirtschaftsliberalen Thinktanks Agenda Austria, im KURIER-Interview dazu sagt.
Finden Sie es schade, dass die Dreierkoalition nicht zustande gekommen ist?
Es wäre sicher eine Koalition der kleinen Schritte gewesen. Und das kann sich Österreich, vor allem im Bereich der Budgetsanierung und Steuern, nicht leisten. Österreich braucht eine tragfähige Regierung, die das Budgetdefizit ausgabenseitig in Ordnung bringt, und das nicht über neue Steuern. Ob FPÖ und ÖVP das schaffen, werden die nächsten Wochen zeigen.
FPÖ und ÖVP müssen sich beeilen, wollen sie der EU noch rechtzeitig ein Maßnahmenpaket übermitteln und ein Defizitverfahren verhindern. Dafür müssen sie heuer 6,3 Milliarden Euro sparen. Wo sollen die herkommen?
Das Defizitverfahren wird zu sehr ins Zentrum gerückt. Frankreich macht deutlich mehr Minus als Österreich und pfeift auf das Defizitverfahren. Insofern wird sich die EU schwertun, kleineren Ländern, noch dazu Nettozahlern wie Österreich, auf die Finger zu klopfen. Entscheidend ist vielmehr die Frage, wie die Finanzmärkte reagieren werden, wenn Österreich sein Defizit nicht in Ordnung bringt.
Und die sechs Milliarden?
Wenn die nächste Bundesregierung es nicht schafft, die Mehrausgaben um sechs Milliarden Euro zu reduzieren, dann sollte sie erst gar nicht antreten. Das ist geradezu lächerlich.
Die FPÖ hat der ÖVP im Herbst Vorschläge für Sparmaßnahmen übermittelt. Darunter befinden sich Ausgabenchecks bei Ministerien, Sparen bei Förderungen, im Sozialsystem und bei der Bildungskarenz. Würde das reichen?
Wichtig sind die großen Brocken. Die Ausgaben des Staates müssen für die nächste Legislaturperiode generell gebremst werden. Und die Politik muss endlich aufhören, die Pensionen permanent über der Inflationsrate zu erhöhen. In den nächsten Jahren müssen die Erhöhungen unterhalb der Inflationsrate bleiben, zudem muss das Pensionsantrittsalter steigen.
Viel diskutiert wird eine Reform der Bildungskarenz …
Ja, die Bildungskarenz gehört reformiert, die ist de facto eine Auszeit für Besserverdiener auf Kosten der steuerzahlenden Allgemeinheit. Dass jeder, der in Österreich bleiben kann, sofort vollen Zugang zum Sozialsystem hat, ist sicher auch ein Thema. Und bei den Unternehmensförderungen muss man endlich auf das Vorkrisenniveau zurückkommen. Da muss die Politik auch einmal die Wirtschaft bei der Nase nehmen, die bei jeder Gelegenheit nach einer neuen Förderung schreit.
Noch einmal zur Altersvorsorge: Weder FPÖ noch ÖVP hatten Einschnitte bei den Pensionen im Wahlprogramm stehen. Bei den Verhandlungen zur Dreierkoalition waren hier die Neos die treibende Kraft. Glauben Sie noch an eine größere Reform?
Ich bin optimistischer als vor einigen Monaten, weil der budgetäre Druck sehr groß ist. Die Kapitalmärkte wollen von Österreich wissen, wie wir unser Pensionssystem die nächsten Jahrzehnte finanzieren. Wir geben derzeit 30 Milliarden aus, nur um das Loch im Pensionssystem zu stopfen. Dieses Loch wächst auf 35 Milliarden an und wir leisten uns den Luxus, mit 61 in Frühpension zu gehen. Ob unter diesen Voraussetzungen noch jemand bereit ist, uns zu günstigsten Konditionen Geld zu leihen, das wage ich zu bezweifeln.
FPÖ und ÖVP würden …read more
Source:: Kurier.at – Politik