Sterbehilfe legalisieren? Diese Frage spaltete England

Politik

Am Freitag stimmt das britische Unterhaus über eine neue Gesetzesvorlage ab. Die Meinungen der Politiker könnten nicht weiter auseinander gehen.

In den Nullerjahren hatte die britische Journalistin Esther Rantzen innerhalb weniger Monate drei Tode zu beklagen: ihre Mutter, ihren Ehemann und ihren Hund. 20 Jahre später sieht sich die Journalistin mit ihrer eigenen Sterblichkeit konfrontiert. Der 84-Jährigen wurde Lungenkrebs im vierten Stadium diagnostiziert – und sie erkannte: sie beneidete ihren Hund. Ihm war „der friedlichste, schmerzloseste und einfachste Tod“ von allen vergönnt, schrieb sie im Guardian. Er durfte umsorgt im Kreise seiner Familie einschlafen. Eine Variante, die ihr nach derzeitigem Strafrecht untersagt ist. 

APA/AFP/HOLLIE ADAMS

Journalistin Esther Rantzen.

In England, Wales und Nordirland wird die Beihilfe zum Suizid derzeit mit bis zu 14 Jahren Haft bestraft. Vor einigen Jahren wurden der pensionierte Arzt Michael Irwin verhaftet, nachdem er Raymond Cutkelvin mit unheilbarem Bauchspeicheldrüsenkrebs zu Dignitas in die Schweiz begleitet hatte. Vor zwei Jahren wurde die pensionierte Krankenschwester Sue Lawford festgenommen, nachdem sie Sharon Johnston zu derselben Sterbehilfe-Klinik gebracht hatte.

200.000 Unterschriften

Esther Rantzen will das nicht länger hinnehmen – sie begann, Unterschriften für eine Wiederaufnahme der Sterbehilfe-Diskussion zu sammeln. Im April erreichte ihre Petition 200.000 Unterstützerinnen und Unterstützer. 

Im Oktober reichte dann die Labour-Abgeordnete Kim Leadbeater eine Novelle des Sterbehilfegesetzes im britischen Unterhaus ein. Am Freitag wird nun im Zuge der zweiten Lesung darüber abgestimmt. Gibt es die notwendige Mehrheit wird der Vorschlag ans Oberhaus weitergereicht. 

via REUTERS/HOUSE OF COMMONS

Labour-Abgeordnete Kim Leadbeater.

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Konkret sieht die Novelle vor, dass Über-18-Jährige, die „unheilbar krank und geistig zurechenbar sind“, und sich „in den letzten sechs Monaten ihres Lebens befinden“, um ärztliche Hilfe bei der Beendigung ihres Lebens bitten dürfen. 

Ein Höchstrichter müsste dazu von mindestens einem Arzt hören und könnte die sterbende Person, oder auch andere, näher befragen. Nach dem Urteil des Richters, müsste der Patient 14 Tage bis zur Tat warten. 

Laut Verein „Dignity in Dying“ nehmen sich in Großbritannien jedes Jahr rund 650 sterbende Bürgerinnen und Bürger das Leben; zehn Mal mehr würden es versuchen. Zusätzlich reisen rund 50 Briten jedes Jahr in die Schweiz, um dort (für 8.000 bis 18.000 Euro) Sterbehilfe zu erhalten.

Kritiker fürchten „Tod auf Verlangen“

Doch ebenso sehr, wie die einen, auf eine Legalisierung der Sterbehilfe hoffen, genauso vehement argumentieren andere dagegen. 

Mit der externen Labour-Abgeordneten Diane Abbott und dem konservativen Sir Edward Leigh haben sich sogar zwei politische Kontrahenten zusammengetan, um ihre Sorge gemeinsam auszudrücken: Sie fürchten die  Gesetzgebung könnte „verletzliche Minderheiten“ gefährden.

Auch Justizministerin Shabana Mahmood schrieb in einem offenen Brief, das Gesetz würde das Land auf den „schlüpfrigen Abhang in Richtung Tod auf Verlangen“ bringen. 

EPA/TOLGA AKMEN

Justizministerin Shabana Mahmood.

Mahmood ergänzte: „Angesichts teurer oder unzureichender Pflege könnten einige das Gefühl haben, ihrer Familie, Freunden oder der Gesellschaft insgesamt zu sehr zur Last fallen.“ Sie würden den Tod nicht wählen, weil sie ihn für sich wünschten, sondern weil sie glaubten, dass andere ihn wollten.

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Source:: Kurier.at – Politik

      

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