Thomas Schmid im Porträt: Seine Chats ließen die ÖVP erzittern

Politik

Als Strippenzieher im Finanzministerium trug er maßgeblich zum Aufstieg von Sebastian Kurz bei. Mittlerweile steht er als Symbol für moralischen Verfall.

Sein Name steht kein zweiter für politische Affären in Österreich, sein Netzwerk reichte von einflussreichen Verlegerfamilien bis in die höchste Politik. Er baute Sebastian Kurz mit als Kanzlerkandidat auf und stürzte letztendlich über seine eigene Ambition. Die auf seinem Handy gefundenen Chatnachrichten zeichneten ein Bild der Freunderlwirtschaft und der Korruption. Mit seinem Kronzeugenstatus gelang ihm ein Befreiungsschlag. (Hier lesen Sie den aktuellen Bericht samt Chronologie der Affäre.)

Die frühere KURIER-Innenpolitikchefin Daniela Kittner verfolgte über Jahrzehnte die österreichische Innenpolitik und begleitete auch die Karriere des ehemaligen Pressesprechers und kurzzeitigen Managers der Beteiligungsgesellschaft ÖBAG. Im Oktober 2022 verfasste sie ein umfangreiches Porträt, das wir hier (in Teilen leicht aktualisiert) veröffentlichen.

Es begann mit einem riskanten Weg zum Staatsanwalt

Die Staatsanwälte der WKStA werden nicht schlecht gestaunt haben am 8. April 2022, als Thomas Schmid ihnen eröffnete: Er werde über sich und andere alles erzählen, könne aber nicht einschätzen, inwiefern er mit seinen Handlungen das Strafrecht verletzt habe. 

Ein gewagtes Bekenntnis für einen Juristen, Generalsekretär des Finanzministeriums und späteren Chef über die Staatsbeteiligungen der Republik. Aus dem nüchtern abgefassten Protokoll spricht eine gewisse Fassungslosigkeit der Strafverfolger: Sie raten Schmid etwa in jedem zweiten Absatz, „dringend“ einen Verteidiger zuzuziehen.

Diese Aktion beschreibt Thomas Schmid ziemlich gut. Seine Chats und sein Name sind zwar geradezu synonym für zweifelhafte Winkelzüge in der hohen Politik. Wer aber erwartet, in Schmid einen finsteren Unsympathler vorzufinden, täuscht sich.

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Thomas Schmid ist umgänglich, energiegeladen, witzig und mitunter von frappierender Offenherzigkeit.

Die frühere Kanzler-Sprecherin Heidi Glück kennt Schmid seit seinen ersten Tagen in ÖVP-Ministerbüros, sie selbst hat ihn von Karlheinz Grasser zu Elisabeth Gehrer vermittelt. „Thomas Schmid war fleißig, zuverlässig, höflich und immer erreichbar. Er war einer der angenehmsten Sprecher-Kollegen, mit denen ich zu tun hatte“, sagt Glück.

Schmid kommt aus einem Durchschnittshaushalt aus der Gegend um Kitzbühel. Er ging in die Hauptschule, maturierte in der Handelsakademie und absolvierte Studien in Wien. Er ist Doppelmagister in Jus und Politikwissenschaften. Er genoss keine besondere Protektion, die Partei interessierte ihn gar nicht.

Sein Kapital war er selbst

Schmid arbeitete sozusagen auf eigene Faust, sein Kapital war er selbst und das, was er sich aufbaute. Dabei war er ziemlich erfolgreich. Mit Anfang 40 konnte er bereits einen Klubchef, einen Vizekanzler und eine ganze Reihe von Ministern, allesamt illustre Namen, als Dienstgeber vorweisen. Schmid überdauerte sie alle.

Schmid konnte an den Schaltstellen von Koalitionen und Ministerien sowie an der besonders wichtigen Schnittstelle zwischen Politik und Medien Erfahrungen sammeln. Als ÖVP-Sprecher bewunderte und studierte er genau Werner Faymanns Geschick beim Hineinregieren in Medien. Das war klasse.

Die vielen Jahre in den lichten Höhen von Ministerkabinetten hinterließen Spuren. Wie Schmid selbst zu Protokoll gibt, spricht aus seinen Chats „Zynismus und Sarkasmus“. Eine gewisse Selbstironie („Jetzt muss ich mit dem Pöbel reisen“) ist noch vergleichsweise harmlos.

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Als er vom Kabinettsmitarbeiter erstmals in eine beamtete Machtposition kommt und Generalsekretär im Finanzministerium wird, verändert sich seine Persönlichkeit. Er herrscht Untergebene an und wenn ihn alte …read more

Source:: Kurier.at – Politik

      

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