Ungarns Außenminister: „Die Doppelmoral des Westens kennen wir schon“

Politik

Dass Ungarn für seine Geschäfte mit Russland und China kritisiert wird, versteht der ungarische Außenminister Péter Szijjártó nicht. Über Doppelmoral, Sanktionen und die Zukunft der EU.

Am frühen Mittwochmorgen war Ungarns Außenminister Péter Szijjártó (44) noch in Peking bei seinem Amtskollegen Qin Gang, am Nachmittag traf er Alexander Schallenberg (ÖVP) in Wien, um über die EU-Erweiterung, neue Sanktionspakete und die europäische Unterstützung der Ukraine zu sprechen. Die Annahme, dass Ungarn mit seinen Positionen alleine dasteht, sei ein Trugschluss, so Szijjártó zum KURIER im anschließenden Gespräch in den imperialen Räumlichkeiten der ungarischen Botschaft.

KURIER: Sie kommen direkt aus Peking, haben dort chinesische Auslandsinvestitionen für den ungarischen Automobilsektor in der Höhe von drei Milliarden Euro verhandelt. Ist das eine gute Idee, während andere europäische Länder versuchen, sich wirtschaftlich von China zu entkoppeln?

Péter Szijjártó: Meine Position ist eine andere. Wir sollten die Wörter „de-coupling“ und „de-risking“ vergessen. Wir sehen China nicht als Risiko oder als Rivalen, sondern als Land, von dem wir profitieren können. Ungarn ist nach Deutschland und China größter Standort für deutsche Autowerke. Die deutschen Unternehmen bauen bei uns mit chinesischer Technologie an der E-Mobilität, dem wichtigsten Sektor der europäischen Wirtschaft. Das hat Europa selbst entschieden. Die Hälfte der E-Batterien kommen aus China und Korea, deswegen müssen wir zusammenarbeiten.

Aber wäre eine Entkopplung nicht wichtig, sollte China etwa Taiwan angreifen und die EU sich gezwungen sehen, Sanktionen zu erlassen?

China hat Taiwan nicht angegriffen. Wir sollten keine Strategie auf einem Szenario bauen, das nur möglicherweise eintreten könnte, auf das wir keinen Einfluss haben. Wenn wir China als Feind sehen, verlieren wir. . Sehen Sie sich Chinas und Europas Anteil am globalen BIP an: China liegt heute bei 18 Prozent, die EU nicht einmal bei 17. Chinas Anteil steigt, unserer sinkt. Wenn wir uns abkoppeln, verlieren wir.

  "Erdoğan bleibt situationselastisch zwischen Ost und West"

Bringt diese Frontalopposition gegen die anderen EU-Staaten überhaupt etwas?

Wir sind die Einzigen, die sich trauen, das aussprechen, aber sehen Sie sich die Zahlen als: Das Handelsvolumen zwischen der EU und China beträgt 860 Milliarden Euro, für 46 Prozent davon sind Deutschland, Frankreich und Italien verantwortlich. Aber diese Doppelmoral des Westens kennen wir schon: Ungarn wird wegen seines Rechtsstaats angegriffen, während Macron in Frankreich seine Pensionsreform durch Parlament peitscht. Selbiges in Deutschland mit der Wahlrechtsreform. Und dazu kein Wort von Brüssel.

Ähnlich wie zu China steht Ungarn auch zu Russland. Sie waren vor Kurzem in Moskau, um einen Gasvertrag zu verlängern. Ist das sinnvoll?

Für uns ist Energiesicherheit keine ideologische Frage. Wir tun unser Bestes, um zu diversifizieren, kaufen Gas von Aserbaidschan, aber es geht auch um die Infrastruktur, die nicht fähig ist, mehr zu transportieren. Gleiches bei der Ölpipeline aus Kroatien. Kroatien allein kann unsere Nachfrage nicht stillen.

Ungarn könnte beim Strom ja auch in erneuerbare Energien investieren.

Das tun wir, wir investieren in Solar- und Nuklearenergie. Aber auch da gibt es Kritik von EU-Ländern, etwa Österreich. Aktuell gewinnen wir 43 Prozent unseres Stroms aus Atomkraft.

➤ Mehr lesen: In Ungarn bekämpfte queere Märchen kommen in Wien auf die Bühne

Kurier/Gerhard Deutsch

Szijjártó ist zum zweiten Mal Außenminister, gilt als Orbáns Mann fürs Grobe.

Auch beim Ausbau der …read more

Source:: Kurier.at – Politik

      

(Visited 1 times, 1 visits today)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.