Unter Sunak kehrt die britische Außenpolitik zur Ernsthaftigkeit zurück

Politik

Premier Sunak legte sich beim G-7-Gipfel medienwirksam mit China an. Trotzdem sieht er Außenpolitik, anders als seine Vorgänger, nicht nur als Bühne.

Am Sonntagabend erreichte ein außergewöhnlich scharfes Schreiben der chinesischen Botschaft den Amtssitz des britischen Premiers in der Londoner Downing Street. Rishi Sunak wird darin „dringlich aufgefordert, die Verleumdung und Verunglimpfung Chinas einzustellen“, wenn er weiteren Schaden für die gegenseitigen Beziehungen vermeiden wolle.

Am Wochenende hatte Sunak beim G7-Gipfel im japanischen Hiroshima davor gewarnt, dass China aus seiner Sicht die größte Herausforderung für Sicherheit und Wohlstand in der Welt sei – noch vor Russland. Für die Chefetage in Peking war das „nichts anderes als das Nachplappern von Worten anderer“, wie sie über ihre Botschaft ausrichten ließ.

Doch welche anderen waren gemeint? Abgesehen von den USA, die sich zuletzt regelmäßig hitzige diplomatische Auseinandersetzungen mit dem Reich der Mitte lieferten, lehnte sich kein G7-Land in seinem Auftreten gegenüber China derart aus dem Fenster wie Großbritannien.

Auch ein gemeinsames Positionspapier gegenüber der Volksrepublik fiel am Ende des Hiroshima-Gipfels zahnloser aus als erwartet: Letztlich fand sich nur der Wunsch nach einer „Diversifizierung“, keiner „Entkopplung“ von der chinesischen Wirtschaft im Papier wieder.

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In den Mittelpunkt

Es ist auffällig, wie offensiv britische Regierungschefs seit dem Brexit versuchen, auf dem internationalen Parkett eigenständiger aufzutreten als zuvor. Besonders deutlich wird das bei der Unterstützung der Ukraine im Krieg gegen Russland. So soll es offenbar Sunak gewesen sein, der es dem ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenskij ermöglicht hatte, persönlich an dem Gipfel in Hiroshima teilzunehmen.

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Sunaks Vor-Vorgänger Boris Johnson hatte sein Ziel, das Vereinigte Königreich wieder als außenpolitische Führungsmacht in der Welt zu etablieren, einst unter dem Leitmotiv „Global Britain“ zusammengefasst. Was dann zunächst vor allem eine Annäherung an die USA zur Folge hatte. Doch eine Fortsetzung dieser Politik sieht die Politologin Melanie Sully nicht: „Ich sehe Sunak vor allem als Pragmatiker, nicht als Ideologen“, sagt die gebürtige Britin zum KURIER.

Dass Sunak China als Gefahr bezeichnete, liege vor allem an den ständigen Drohungen Pekings gegenüber der Insel Taiwan. „Für ihn zählt nur, welche Auswirkungen eine Eskalation für die britische Wirtschaft hätte. Und die wären im Falle einer Invasion auf Taiwan wegen der dortigen Mikrochip-Industrie enorm“, so Sully.

Auch die klare, unterstützende Haltung gegenüber der Ukraine werde von der britischen Bevölkerung genau so eingefordert. „Darüber gibt es einen Konsens im Land“, sagt Sully. „Nicht einmal die Opposition kritisiert diese Linie“.

EU oder USA?

Die britische Außenpolitik habe laut der Expertin aber seit dem Brexit mit einem grundsätzlichen Dilemma zu kämpfen, das auch Sunak bisher nicht lösen konnte.

Auf der einen Seite rückte das Königreich näher an die Vereinigten Staaten und sieht seine außenpolitische Zukunft im Pazifik. Das manifestierte sich zum Beispiel im Militärbündnis AUKUS, bei dem Großbritannien und die USA gemeinsam Australien mithilfe modernster Atom-U-Boote aufrüsten wollen. Auch hier ist es das Ziel, den Einfluss Chinas in der Region einzuschränken.

Andererseits entfremden diese Schritte Großbritannien von der EU, von der man nach wie vor wirtschaftlich abhängig ist. In Frankreich etwa, das seit Jahren einen U-Boot-Deal in Milliardenhöhe mit …read more

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Source:: Kurier.at – Politik

      

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